4. September 2023
Keine Umsatzsteuer auf dezentral verbrauchten Strom eines Blockheizkraftwerks
Der nicht eingespeiste, sondern
dezentral verbrauchte Strom eines Blockheizkraftwerks, für den ein sog.
Kraft-Wärme-Kopplungszuschlag gezahlt wird, unterliegt nicht der Umsatzsteuer.
Der vom Anlagenbetreiber erzeugte und dezentral verbrauchte Strom wird nämlich
nicht an den Betreiber des Stromnetzes geliefert und an den Anlagenbetreiber
zurückgeliefert.
Hintergrund: Leistungen
eines Unternehmers gegen Entgelt unterliegen der Umsatzsteuer.
Sachverhalt: Die Klägerin
war eine gemeinnützige Anstalt des öffentlichen Rechts und
Alleingesellschafterin der A-GmbH. Die Klägerin verpachtete ein
Blockheizkraftwerk (BHKW) an die A-GmbH und vereinbarte mit ihr, dass die
A-GmbH den mit dem BHKW erzeugten Strom an die Klägerin und an Dritte
überlassen sollte. Die Klägerin verbrauchte den im BHKW erzeugten Strom nahezu
vollständig selbst (sog. dezentraler Verbrauch) und speiste ihn nicht in das
Stromnetz ein. Für den dezentral verbrauchten Strom stellte die Klägerin dem
Stromnetzbetreiber im Jahr 2010 einen sog. KWK-Zuschlag (nach dem sog.
Kraft-Wärme-Kopplungsgesetz) zuzüglich
Umsatzsteuer in Rechnung. Das Finanzamt vertrat die Auffassung, dass der
dezentral verbrauchte Strom fiktiv in das Stromnetz eingespeist und vom
Stromnetzbetreiber wieder an den Anlagenbetreiber geliefert worden sei, so dass
Umsatzsteuer entstehe.
Entscheidung: Der
Bundesfinanzhof (BFH) gab der Klage im Grundsatz statt:
-
Die Umsatzsteuerbarkeit setzt
eine Lieferung oder sonstige Leistung voraus. Eine tatsächliche Lieferung ist
nicht erfolgt. Denn hierfür fehlt es an der Verschaffung der Verfügungsmacht
zugunsten des Stromnetzbetreibers; der Stromnetzbetreiber hat nämlich nie die
Verfügungsmacht an dem durch das BKHW produzierten Strom erlangt. -
Eine Stromlieferung kann auch
nicht fingiert werden. Zwar hat die Klägerin einen KWK-Zuschlag erhalten.
Hieraus kann aber nicht abgeleitet werden, dass der Zuschlagzahler eine
Lieferung oder sonstige Leistung empfangen hat.
Hinweise: In gleicher
Weise hat vor kurzem ein anderer Umsatzsteuer-Senat des BFH entschieden, so
dass nunmehr beide Umsatzsteuersenate den Klagen stattgegeben haben und der
Verwaltungsauffassung widersprechen. Die Finanzverwaltung geht von einer
fiktiven Stromlieferung aus, wenn ein sog. KWK-Zuschlag in Anspruch genommen
worden ist.
Der BFH hat die Sache allerdings
aus anderen Gründen an das Finanzgericht (FG) zurückverwiesen. Die Klägerin
ging von einer umsatzsteuerlichen Organschaft zwischen ihr als Organträgerin
und der A-GmbH als Organgesellschaft aus. Aufgrund der umsatzsteuerlichen
Problematik im Bereich der Organschaft muss das FG nun prüfen, ob die A-GmbH
als Organgesellschaft Umsätze an die Klägerin erbracht hat, die umsatzsteuerbar
sein könnten und für die die Klägerin die Umsatzsteuer abführen müsste.
Quelle:
BFH, Urteil v. 11.5.2023 – V R
22/21; NWB