18. November 2024

Zahlung eines bewusst überhöhten Grundstückskaufpreises durch GmbH

Die Zahlung eines bewusst überhöhten Kaufpreises für ein Grundstück
durch eine GmbH an den Lebensgefährten der Alleingesellschafterin der GmbH kann
zwar zu einer steuerlichen Doppelbelastung bei der Grunderwerbsteuer sowie bei
der Schenkungsteuer führen. Diese Doppelbelastung kann aber durch eine
Korrektur des fehlerhaften Bescheids aufgrund der Korrekturvorschrift wegen
widerstreitender Steuerfestsetzung beseitigt werden.

Hintergrund: Eine unentgeltliche
Grundstücksübertragung löst grundsätzlich Schenkungsteuer aus. Eine
entgeltliche Grundstücksübertragung führt zur Grunderwerbsteuer. Bei einer
teilentgeltlichen Grundstücksübertragung entsteht sowohl Schenkungsteuer, und
zwar hinsichtlich des unentgeltlichen Teils, als auch Grunderwerbsteuer, die
für den entgeltlichen Teil anfällt.

Sachverhalt: Die Klägerin war
eine GmbH, deren Alleingesellschafterin die A war. Ihr Lebensgefährte war der
B. Am 24.2.2011 verkaufte B sein Grundstück der Klägerin zu einem Kaufpreis von
1,1 Mio. €. Tatsächlich war das Grundstück aber nur 480.000 €
wert. Der steuerlich festgestellte Wert betrug sogar nur 283.000 €. Das
Finanzamt setzte Schenkungsteuer gegenüber B fest und erfasste dabei zunächst
die Differenz zwischen dem Kaufpreis von 1,1 Mio. € und dem steuerlich
festgestellten Grundstückswert von 283.000 €. Außerdem erließ das
Finanzamt gegenüber der Klägerin im Juni 2011 einen Grunderwerbsteuerbescheid
und bemaß die Grunderwerbsteuer nach dem Kaufpreis von 1,1 Mio. €. Im
Mai 2022 änderte das Finanzamt im Rahmen eines Klageverfahrens den
Schenkungsteuerbescheid zu Gunsten des B und berücksichtigte nunmehr nur noch
die Differenz zwischen dem Kaufpreis von 1,1 Mio. € und dem
tatsächlichen Wert von 480.000 €, d.h. 620.000 €. Noch im Mai
2022 beantragte die Klägerin nun die Änderung des Grunderwerbsteuerbescheids
und die Herabsetzung der Grunderwerbsteuer dergestalt, dass nur noch eine
Bemessungsgrundlage von 480.000 € zugrunde gelegt wird.

Entscheidung: Das Finanzgericht
Mecklenburg-Vorpommern (FG) gab der Klage statt:

  • Zwar war die Einspruchsfrist für den Grunderwerbsteuerbescheid
    schon abgelaufen; der Grunderwerbsteuerbescheid konnte aber aufgrund einer
    Korrekturvorschrift, die im Fall einer widerstreitenden
    Steuerfestsetzung
    greift, geändert werden.

  • Eine widerstreitende Steuerfestsetzung liegt vor, wenn ein
    steuerlicher Sachverhalt in zwei Bescheiden berücksichtigt wird. Dies können
    auch zwei Bescheide zweier verschiedener Steuerpflichtiger sein, im Streitfall
    also der Schenkungsteuerbescheid gegen B sowie der Grunderwerbsteuerbescheid
    gegenüber der Klägerin.

  • In beiden Bescheiden wurde derselbe Sachverhalt zweimal
    berücksichtigt. Die Vereinbarung eines 480.000 € übersteigenden
    Zahlungsbetrags, nämlich 620.000 €, wurde im Schenkungsteuerbescheid des
    B als Schenkung an B berücksichtigt; zugleich wurde dieser Betrag aber auch bei
    der Bemessungsgrundlage für die Grunderwerbsteuer berücksichtigt, da im
    Grunderwerbsteuerbescheid der gesamte Kaufpreis von 1,1 Mio. € als
    Bemessungsgrundlage behandelt wurde.

  • Die Korrekturvorschrift erlaubt die Änderung des fehlerhaften
    Bescheids; dies war der Grunderwerbsteuerbescheid. Die Grunderwerbsteuer
    bemisst sich nach der Gegenleistung für das Grundstück. Als Gegenleistung kann
    aber nur der Betrag von 480.000 € angesehen werden, weil das Grundstück
    nur 480.000 € wert war. Der darüberhinausgehende Betrag von 620.000
    € war keine Gegenleistung, sondern eine Schenkung und darf daher bei der
    Grunderwerbsteuer nicht angesetzt werden.

Hinweise: Gegen A und B gab es
ein Steuerstrafverfahren. Beide wurden wegen versuchter Hinterziehung von
Einkommen-, Körperschaft- und Gewerbesteuer verurteilt. Denn der überhöhte
Kaufpreis sollte eine Gewinnausschüttung an die A verdecken, indem ihrem
Lebensgefährten B als sog. nahestehender Person ein überhöhter Kaufpreis
zugewendet wurde. Aus Rechtsgründen kam es nicht zu einer Verurteilung wegen
Hinterziehung der Schenkungsteuer.

Die Korrekturvorschrift, die bei einer widerstreitenden
Steuerfestsetzung greift, hat eine eigene Verjährungsregelung. So kann der
Antrag auf Änderung innerhalb eines Jahres nach Ablauf der Einspruchsfrist des
letzten betroffenen Steuerbescheids – dies war der geänderte
Schenkungsteuerbescheid aus dem Monat Mai 2022 – gestellt werden.

Quelle: FG Mecklenburg-Vorpommern, Urteil vom 19.9.2023 – 1 K
233/22; NWB