Infobriefe

Infobrief Dezember 2018

12.12.2018

„Geizhälse sind unangenehme Zeitgenossen, aber angenehme Vorfahren.“

Bernhard Fürst von Bülow (1849-1929), deutscher Politiker und Staatsmann



Liebe Mandanten, liebe Geschäftsfreunde,

einmal kurz geblinzelt, und schon ist wieder ein Jahr ‘rum. 2018 hatte einen sagenhaften Sommer zu bieten – der allerdings auch zeigte, welch dringliches Problem der Klimawandel ist. 2018 kam auch mit einer sagenhaft schlechten Fußball-WM daher – zumindest aus Sicht der deutschen Mannschaft. Und auf den letzten Metern stellte sich 2018 schließlich noch heraus, dass die Ära Merkel spätestens im Jahr 2021 beendet sein wird.

Apropos Klimawandel: Wie ist das eigentlich, wenn man – nicht zuletzt aus Gründen des Umweltschutzes – für Geschäftsreisen vom Auto oder Flugzeug auf die Bahn umsteigen will und sich eine BahnCard 100 leistet? Die Kosten dafür kann der Arbeitgeber übernehmen. Doch was ist zu beachten, falls sich die teure Karte letztlich doch nicht rechnet? Folgend finden Sie die Antwort. Daneben enthält der aktuelle InfoBrief einen Beitrag zum Baukindergeld und geht zudem der Frage nach, ob die Sprösslinge im Haushalt helfen müssen. Kann man die Krankenkassenbeiträge des volljährigen Kindes von der Steuer absetzen? Auch das erfahren Sie mit dieser Ausgabe. Wir wünschen Ihnen viel Spaß beim Lesen.

Kommen Sie gut ins neue Jahr! Ihr Team von Wagemann + Partner





1. Kinder sind jetzt nützlich beim Hausbau …

Genau wie auf dem Meer, gibt es in der Politik immer wieder Wellenbewegungen. Sie führen dazu, dass heute bestimmte Anreize für konkrete Zielgruppen geschaffen werden, die morgen genauso gezielt wieder eingestampft werden. So wurde zuletzt festgestellt, dass aktuell ein Engpass im Angebot von preiswerten Wohnungen für Familien besteht, und der Gesetzgeber hat die Auszahlung des sogenannten Baukindergeldes beschlossen.

Seit dem 18. September 2018 können bei der Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) entsprechende Anträge gestellt werden. Das Baukindergeld bekommen Familien und Alleinerziehende mit mindestens einem im Haushalt lebenden Kind unter 18 Jahren, die sich zu einem erstmaligen Neubau oder zum Erwerb von Wohneigentum aufraffen und diese Immobilie dann auch noch selbst nutzen wollen. Damit auch sonst alles gerecht zugeht, soll aber nicht jede Familie das Baukindergeld bekommen, sondern nur diejenigen, die bestimmte Einkommensgrenzen nicht überschreiten. Diese liegen bei einem zu versteuernden Haushaltseinkommen in Höhe von 75.000 Euro pro Jahr zuzüglich 15.000 Euro pro Kind. So viel zu den Voraussetzungen. Nicht ganz unwichtig ist natürlich, mit welchen Zahlungen die investitionsfreudigen Familien überhaupt rechnen können: Über zehn Jahre werden 1.200 Euro je Kind und pro Jahr ausgezahlt.

So weit, so gut. Jede Familie, für die das Baukindergeld in Frage kommt, ist natürlich gut beraten, die Förderung in Anspruch zu nehmen. Der Wunsch des Gesetzgebers ist es selbstredend, dass nicht einfach nur Mitnahmeeffekte ausgelöst werden. Jede Familie, die noch mit ihrer Entscheidung ringt, soll zum Handeln überredet werden. Deshalb ist das staatliche Angebot auch zeitlich begrenzt für Neubauten, wenn die Baugenehmigung zwischen dem 1. Januar 2018 und dem 31. Dezember 2020 erteilt wurde. Beim Erwerb von Neu- und Bestandsbauten muss der notarielle Kaufvertrag in diesem Zeitfenster unterzeichnet worden sein.

Die Antragstellung für das Baukindergeld ist im Grundsatz eine Aufgabe, die üblicherweise von den Familien selbst bewältigt werden kann. Vor nicht allzu langer Zeit, also einen Wellenberg zuvor, gab es bereits einmal eine sogenannte Eigenheimzulage, bei der es genauso war. Der Steuerberater wurde allerdings dann gebraucht, wenn Familien durch den Baustress zerbrachen und Kinder, Familien und Immobilien zwischen den Patchworkfamilien hin und her gewürfelt wurden. Aber daran wollen wir hier beim Baukindergeld gar nicht denken.





2. … und Kinder mussten schon immer im Haushalt helfen

Natürlich ist jede Familie anders als jede andere Familie. In der Tendenz wird es allerdings so sein, dass bei allen Familien mit Kindern zumindest latent die Diskussion in der Luft schwebt, in welchem Umfang sich die lieben Kleinen bei der Bewältigung der Hausarbeit einzubringen haben. Möglicherweise berichtet die Generation der Großeltern bei jeder sich bietenden Gelegenheit, dass sie in ihrer Kindheit täglich mehrere Stunden im landwirtschaftlichen Betrieb der Urgroßeltern harte körperliche Arbeit leisten musste. Die Generation der Eltern berichtet davon, dass es damals weder Spülmaschine noch Wäschetrockner gab. Nicht zuletzt verweisen die Kinder auf die in der Schule vermittelten Fähigkeiten, weshalb sie genau wüssten, was ihre Rechte sind, und verwenden dafür solche Begriffe wie „Kinderarbeit“ und „Selbstbestimmungsrecht“.

So viel zu den Vorurteilen und den daraus resultierenden kognitiven Konstrukten. Aber wie ist denn nun wirklich die Rechtslage? Müssen Kinder im Haushalt helfen? Die eindeutige Antwort lautet: Ja, es gibt eine gesetzliche Dienstleistungspflicht. In unserem InfoBrief vermeiden wir es üblicherweise, konkrete Paragrafen und Zitate zu nennen. In diesem Fall allerdings lohnt es sich, eine Ausnahme zu machen. Denn besser kann man es einfach nicht beschreiben. Im Paragraf 1619 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) heißt es unter der Überschrift „Dienstleistungen in Haus und Geschäft“: „Das Kind ist, solange es dem elterlichen Hausstand angehört und von den Eltern erzogen oder unterhalten wird, verpflichtet, in einer seinen Kräften und seiner Lebensstellung entsprechenden Weise den Eltern in ihrem Hauswesen und Geschäft Dienste zu leisten.“

Zunächst klingt das einfach nur lustig, aber die praktische Bedeutung ist enorm: Mithelfende Familienangehörige sind damit eigentlich in einem Unternehmen nicht Arbeitnehmer wie die (mehr oder weniger) fremden Dritten. Damit sind die Zahlungen an die Kinder nichts anderes als normaler Unterhalt. Sie können dann also nicht als Betriebsausgaben abgezogen werden, und die Zahlungen sind weder lohnsteuer- noch sozialversicherungspflichtig.

Anders herum bedeutet es, dass bei Anstellung eines Kindes gegen Entgelt im Unternehmen der Eltern bestimmte Grundsätze einzuhalten sind. Richtungsweisend war hierzu ein Urteil des Bundesfinanzhofs (BFH) aus dem Dezember 1993, in dem die Richter festgestellt hatten, dass Arbeitsverträge über Hilfeleistungen der Kinder im elterlichen Betrieb steuerrechtlich nicht anzuerkennen sind, wenn sie wegen ihrer Geringfügigkeit oder Eigenart üblicherweise nicht auf arbeitsvertraglicher Grundlage erbracht werden. Konkret war es in dem hier zugrunde liegenden Fall so, dass die als Zahnärzte tätigen Eheleute Arthur und Mimmi-Molly Wieselei ihre Tochter Jenny Wieselei arbeitsvertraglich verpflichteten, an den Tagen, an denen die Praxis geöffnet war, innerhalb der Mittagspause (13.30 Uhr bis 15.00 Uhr) und der ersten Stunde nach Praxisschluss (18.00 Uhr bis 19.00 Uhr) den Telefondienst zu übernehmen.

Nach Auffassung der Richter kommt eine solche Verpflichtung als Gegenstand eines mit Dritten zu begründenden Arbeitsverhältnisses nicht in Betracht, weil die Entgegennahme von eingehenden Telefonanrufen in der Zeit, in der die Praxis geschlossen war, nur wenig Zeit in Anspruch nahm und damit die Arbeitszeit bei weitem nicht ausfüllte. Die Tochter der Zahnärzte Wieselei verfügte zudem weder über eine ärztliche Ausbildung noch eine Ausbildung zu einem ärztlichen Hilfsberuf. Angesichts dessen konnte sich die Beantwortung der Anrufe nur darauf beschränken, das Gespräch an die Eltern weiterzuleiten oder auf die üblichen Praxiszeiten hinzuweisen.

Hinzu kommt, dass das Töchterlein auch nur eine geringe Anzahl von Telefongesprächen zu beantworten hatte. Konkret ermittelte sich die Gesamtsumme der Telefonate in den drei strittigen Jahren auf die Gesamtzahl von 171. Für eine solch geringfügige Tätigkeit untergeordneter Art würde kein anderer Zahnarzt auf die Idee kommen, einen fremden Dritten anzustellen. Ausschlaggebend ist für diese Beurteilung, dass sich der Telefondienst (quasi) während der privaten Lebensführung ausführen ließ.

Nicht zuletzt kam noch hinzu, dass Jenny Wieselei ihren Job von der Familienwohnung aus verrichtete, sie musste also nicht aufmerksam neben dem Telefon sitzen, sondern konnte sich – wie auch sonst – in der Wohnung frei bewegen und ihren privaten Interessen nachgehen. Schlussendlich kann man hier noch einmal die Kontrollfrage stellen: Muss Tochter Jenny auch ohne finanzielle Vergütung weiterhin zum Telefon springen, wenn es läutet? Die klare Antwort lautet „Ja“ – wegen Paragraph 1619 BGB. Allerdings darf hier bezweifelt werden, ob dafür ihre innere Bereitschaft ausreichend hergestellt werden kann.

3. Nicht so einfach: Berichti­gung der Umsatzsteuer

Im Umsatzsteuerrecht gibt es den Grundsatz, dass eine Umsatzsteuer, die von einem Unternehmer auf einer Rechnung aufgeführt wurde, auch an das Finanzamt gezahlt werden muss. Diese Verpflichtung besteht ausdrücklich auch, wenn die Leistung per Gesetz gar nicht als umsatzsteuerpflichtig vorgesehen ist. Damit das alles auch wirklich richtig weh tut, ist es außerdem noch für den Rechnungsempfänger untersagt, die fälschlich ausgewiesene und bezahlte Umsatzsteuer als sogenannte Vorsteuer bei der nächsten Umsatzsteuervoranmeldung in den Abzug zu bringen. Das klingt so für sich allein gesprochen ziemlich ungerecht, aber der Gesetzgeber möchte durchsetzen, dass die Rechnungslegung konsequent ordentlich erledigt wird.

Um aus dieser verzwickten Situation herauszufinden, gibt es einen gangbaren Weg, indem die falsche Rechnung geändert wird. Wenn die Vertragsparteien sich ohnehin nur über die Bruttopreise verständigt hatten und der Rechnungsempfänger den Vorsteuerabzug gar nicht auf dem Plan hatte oder als Privatperson gar nicht zu berechtigt war, ist das Leben weiterhin einfach: Mit der neuen Rechnung und der Vernichtung bzw. Stornierung der alten Rechnung ist das Thema aus der Welt.

Die Angelegenheit wird deutlich komplizierter, wenn lediglich Nettopreise vereinbart waren und damit der Rechnungsempfänger schlicht zu viel bezahlt hat. So war das bei der EasyAshram GmbH, die in den Jahren 2004 bis 2010 ein komplettes Pflegeheim an einen anderen Betreiber verpachtete. Da man der Meinung war, dass es so richtig ist, wurde die Pacht aufgeteilt. Der eine Teil der Pacht betraf die Grundstücksüberlassung selbst und wurde umsatzsteuerfrei behandelt. Die Vermietung der Einrichtungsgegenstände erfolgte dagegen als umsatzsteuerpflichtig und wurde ordentlich mit der Rechnungslegung ausgewiesen.

So ging die Sache eine Weile gut, bis es sich im Februar 2012 bis zur Geschäftsführung der EasyAshram GmbH herumgesprochen hatte, dass der Bundesfinanzhof (BFH) bereits im August 2009 in seiner Weisheit bei einem ähnlich gelagerten Sachverhalt geurteilt hatte, dass die entgeltliche Überlassung der Einrichtungsgegenstände des Pflegeheims als Nebenleistung zur steuerfreien Verpachtung des Grundstücks ebenso steuerfrei ist. Das war der Startschuss für den Aktionismus der EasyAshram-Geschäftsführung, um sich die abgeführte Umsatzsteuer vom Finanzamt zurückzuholen.

Die wollte man dann auch behalten und nicht an den Pächter erstatten, weil über der Geschäftsbeziehung zwischen der EasyAshram GmbH und der Pächterin im November 2011 dunkle Wolken aufzogen, wodurch Forderungen offen blieben. Ganz doof wurde die Lage dann, als im Jahr 2012 über dem Vermögen der Pächterin auch noch das Insolvenzverfahren eröffnet wurde. Das Finanzamt wollte sich nicht vom Geld trennen und lehnte die beantragten Änderungen ab.

Die hiergegen gerichtete Klage beim Finanzgericht Münster war für die EasyAshram GmbH auch erfolgreich, aber der BFH schlug sich auf die Seite des Finanzamtes. Die Richter der zweiten Instanz begründeten ihr Urteil damit, dass das Finanzamt berechtigt ist, die Erstattung der zu Unrecht erhobenen Umsatzsteuer zu verweigern, wenn der Rechnungsaussteller die vereinnahmte und abgeführte Steuer an den Leistungsempfänger nicht zurückgezahlt hat.

Die hohen Richter räumten ein, dass es zwar so nicht konkret im Gesetz steht, aber sonst wird der Leistende ohne Rückzahlung der Steuer doppelt begünstigt: Einerseits hat er das Nettoentgelt plus die Umsatzsteuer bereits vom Kunden bekommen, und andererseits könnte er im Fall einer bedingungslosen Erstattung den berichtigten Steuerbetrag vom Finanzamt noch ein zweites Mal verlangen. Bei diesem Modell wäre es der Rechnungsempfänger, der den sprichwörtlichen „Schwarzen Peter“ in der Hand hält, und nicht derjenige, der die Rechnung geschrieben und damit den Fehler begangen hat. Natürlich könnte die EasyAshram GmbH jetzt noch die zu viel gezahlte Umsatzsteuer an die Insolvenzverwalter der Pächterin zahlen. Aber es ist durchaus nachvollziehbar, wenn das nicht als sinnvoll angesehen wird.





4. Zu dick im Job?

Seit 30 Jahren arbeitet der inzwischen 49-jährige Rubeus Hartgriff bei der Firma HappyAsparagus, die einen Garten- und Kanalbaubetrieb unterhält. Die viele frische Luft und der Mairegen sorgten dafür, dass nicht nur die Pflanzen ordentlich wuchsen, sondern auch Hartgriff selbst: Bei einer Körpergröße von 1,94 Meter brachte er zeitweise ein Köpergewicht von 200 Kilo auf die Waage.

Dieser Status war für beide Seiten nicht leicht. Die Probleme für die Firma HappyAsparagus begannen bereits damit, dass man keine passenden Schuhe, Westen oder Leitern für Hartgriff hatte. Auch passte er nicht mehr in die Gräben, die er ausheben sollte. Und wenn er dann doch drin war, kam er allein nicht mehr heraus. Wenn Hartgriff über frisch verlegtes Straßenpflaster lief, verschob sich dieses. Vor allem das Bücken stellte bei ihm ein größeres Problem dar, und seine Chefs fragten sich nicht zu Unrecht, ob man ihn in seinem Zustand in praller Sonne zu harter körperlicher Arbeit einsetzen konnte. Am Steuer des Firmenwagens wurde er zu einer Gefahr, weil das Lenkrad an seinem Körper hängenblieb.

Hartgriff selbst war bemüht, wieder etwas Gewicht zu verlieren. Leider konnte ihm aber auch ein Adipositas-Zentrum nicht helfen. Von den dortigen Medizinern bekam er am Ende die Auskunft, dass man ohne eine Operation in diesem Fall nicht weiterkäme. Als dann auch noch am Pritschenwagen eine Fußraste unter Hartgriffs Gewicht brach, beschloss die Unternehmensführung des Arbeitgebers, Hartgriff zu entlassen.

Dagegen wehrte Hartgriff sich gerichtlich. Es ging ihm nicht um eine Entschädigung, sondern um die Weiterbeschäftigung. Vor dem Landesarbeitsgericht (LAG) in Düsseldorf einigten sich die Parteien am Ende mit einem Vergleich. Die Kündigung wurde zwar zurückgenommen, aber Hartgriff muss sich bemühen, abzunehmen und die Firma regelmäßig über sein Gewicht zu informieren.

Im Laufe des Verfahrens hatte das Gericht signalisiert, dass es eine Magenverkleinerung nicht vorschreiben würde. Die Richterin wies jedoch darauf hin, dass viel von der Prognose abhänge. Wenn diese negativ sei, dann sei es dem Unternehmen kaum zuzumuten, den Mann noch 18 Jahre bis zu seiner Rente zu beschäftigen. Die Einigung zwischen Hartgriff und der Firma kam dann zustande, bevor ein Gutachter um seine Einschätzung gebeten wurde.





5. 100 % Eisenbahn

Ein eingefleischter Autofahrer träumt von einer großen Limousine, mit der er über Landstraßen gleiten kann, oder von einem schnittigen Sportwagen, mit dessen Hilfe sich die Schallmauer auf der Autobahn durchbrechen lässt. Wer gerne mit der Eisenbahn fährt, hat natürlich andere heimliche Wünsche – wie zum Beispiel den Besitz einer BahnCard 100. Mit einer solchen darf man ohne weitere Zuzahlung ein ganzes Jahr lang und überall in der Bundesrepublik so oft Zug fahren, wie man möchte. Genau wie der Unterhalt einer dicken Limousine, ist eine BahnCard 100 nicht ganz billig. Aktuell wird dafür ein Betrag in Höhe von 4.270 Euro in Rechnung gestellt. Wenn man dann auch noch dauerhaft in der 1. Klasse sitzen möchte, steigt der Betrag auf schlappe 7.225 Euro.

Praktisch automatisch ergeben sich die Überlegungen, ob nicht ein netter Arbeitgeber diese Kosten übernehmen könnte. Im Grundsatz kann er das natürlich, und er kann selbstredend auch die Aufwendungen für eine betrieblich verwendete BahnCard 100 als Betriebsausgaben abziehen. Zum Nachweis der Veranlassung von Betriebsausgaben bzw. Werbungskosten gelten die allgemeinen ertragsteuerlichen Grundsätze. Bei der Überlassung einer BahnCard 100 durch den Arbeitgeber zur privaten Nutzung sowie für Fahrten zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte des Arbeitnehmers ist der Nutzungsvorteil als steuerpflichtiger Arbeitslohn zu behandeln. Bei Überlassung der BahnCard 100 für Dienstreisen liegt ein überwiegend eigenbetriebliches Interesse des Arbeitgebers und damit kein steuerbarer Arbeitslohn vor.

Von einer Überlassung der BahnCard 100 im überwiegend eigenbetrieblichen Interesse – was dann kein steuerbarer Arbeitslohn ist – kann aus Vereinfachungsgründen bereits dann ausgegangen werden, wenn nach einer Prognose zum Zeitpunkt der Übergabe der BahnCard an den Arbeitnehmer die ersparten Kosten für Einzelfahrscheine, die im Rahmen der beruflichen Reisetätigkeit ohne Nutzung der BahnCard während deren Gültigkeitsdauer anfallen würden, die Kosten der BahnCard erreichen oder übersteigen. Dazu sagt man dann auch: „prognostizierte Vollamortisation“. In diesem Fall ist die private Nutzungsmöglichkeit oder die Nutzung für die Fahrten zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte des Arbeitnehmers unbeachtlich.

Tritt die prognostizierte Vollamortisation aus unvorhersehbaren Gründen (etwa wegen längerer Krankheit) dann doch nicht ein, wird das überwiegend eigenbetriebliche Interesse des Arbeitgebers hierdurch nicht berührt. Damit ist dann auch keine Nachversteuerung vorzunehmen. Erreichen die durch die Nutzung der überlassenen BahnCard 100 ersparten Fahrtkosten, die im Rahmen der Auswärtstätigkeit ohne Nutzung der BahnCard während deren Gültigkeitsdauer anfallen würden, nach der Prognose zum Zeitpunkt der Hingabe der BahnCard deren Kosten voraussichtlich nicht vollständig (Prognose der Teilamortisation), liegt die Überlassung der BahnCard nicht im überwiegend eigenbetrieblichen Interesse des Arbeitgebers.

Die Überlassung der BahnCard stellt in diesem Fall zunächst in voller Höhe steuerpflichtigen Arbeitslohn dar. Die während der Gültigkeitsdauer der BahnCard durch deren Nutzung für dienstliche Fahrten ersparten Fahrtkosten können dann monatsweise oder auch am Ende des Gültigkeitszeitraums als Korrekturbetrag den steuerpflichtigen Arbeitslohn mindern. Für die Höhe des Korrekturbetrags können aus Vereinfachungsgründen – anstelle einer quotalen Aufteilung (Nutzung zu dienstlichen Zwecken im Verhältnis zur Gesamtnutzung) – auch hier die ersparten Kosten für Einzelfahrscheine, die im Rahmen der Auswärtstätigkeit ohne Nutzung der BahnCard während deren Gültigkeitsdauer angefallen wären, begrenzt auf die Höhe der tatsächlichen Kosten der BahnCard, zugrunde gelegt werden.

Diese Klarstellungen stammen von niemand geringerem als der Bundesregierung selbst, nachdem die Bundestagsfraktion Bündnis 90/Die Grünen entsprechend klein anfragte. Der Umgang mit den Begrifflichkeiten Voll- und Teilamortisation ist natürlich nicht neu. Allerdings überwog bisher in den Fachdiskussionen die Auffassung, dass die wirkliche Lohnsteuer- und Sozialversicherungsfreiheit nur dann besteht, wenn die rechnerische Amortisation am Jahresende tatsächlich vorgelegen hat.

Diese kleine Rechtsentwicklung im Sinne einer Vereinfachung kann man sicherlich nur begrüßen. Denjenigen unserer Leserinnen und Lesern, die sich nun fragen, weshalb hier lediglich von der BahnCard 100 und nicht auch von der BahnCard 25 und 50 die Rede ist, kann man nur achselzuckend antworten, dass im Bundestag und in der Bundesregierung offenbar nur die 100er-Version im Umlauf ist. Der gesunde Menschenverstand aber sagt, dass für die kleineren Ausstattungen nichts anderes gelten kann.

6. Strafklausel für das ungeduldige Kind

In dieser Ausgabe des InfoBriefes spielen Kinder überdurchschnittlich oft eine entscheidende Rolle. So auch in dem Fall, von dem wir Ihnen nun berichten wollen. Allerdings ist der Spross hier bereits deutlich volljährig und eigentlich in der Lage, selbständig zu denken und zu handeln. Als Paule Puffer im Oktober 2017 verstarb, hinterließ er die leiblichen Töchter Anna und Berta. Seine schon vorher verstorbene Ehefrau Pauline Puffer hatte aus ihrer ersten Ehe bereits die beiden Töchter Carla und Dörte mitgebracht. Auch Dörte war zu diesem Zeitpunkt bereits verstorben und hinterließ ebenfalls eine Tochter, die wir hier Elfie nennen möchten.

Im Oktober 1999 hatten die Eheleute Puffer ein sogenanntes Berliner Testament aufgesetzt, bei dem sie sich wechselseitig zu Alleinerben einsetzten. Als Regelung nach dem Tod des länger lebenden Ehegatten wurde in dem Testament vereinbart, dass alle vier Damen (also Anna, Berta, Carla und Elfie) zu gleichen Teilen erben sollen. Sollte allerdings eines der lieben Kinder vorher seinen Pflichtteil fordern, so soll es auch nach dem Tod des Überlebenden auf den Pflichtteil beschränkt bleiben. So geschah es dann, dass sich im Februar 2001 – nach dem Tod von Mama Pauline – Carlas Rechtsanwalt bei Stiefvater Paule meldete und freundlich nach dem Wert des Nachlasses fragte. Natürlich gab es sodann Diskussionen über den Wert des elterlichen Wohnhauses, weil die geschätzten 250.000 DM als zu niedrig angesehen wurden.

Carla und ihr Rechtsberater wollten clever sein und schlugen vor, dass Paule ohne formale Geltendmachung eines Pflichtteilanspruchs einen Betrag in Höhe von 10.000 DM zahlt. Dafür würde Carla auf ein vollständiges, schriftliches Nachlassverzeichnis mit entsprechenden Wertangaben und Sachverständigengutachten verzichten. Außerdem wäre Carla total großzügig bereit, nach dem Tod von Stiefvater Paule ihren Anteil am Haus direkt zu verkaufen. Paule Puffer überlegte nicht lange, stimmte dem Vorschlag zu, überwies die 10.000 DM an Carla … und bestimmte per Einzeltestament, dass Anna, Berta und Stiefenkelin Elfie zu gleichen Teilen seine Erben werden. Somit war der Familienstreit nach Paules Tod bereits programmiert. Es wird nicht überraschen, dass Carla nun trotzdem ein Viertel des gesamten Erbes nach Abzug der bereits erhaltenen 10.000 DM haben wollte.

Diesen Gefallen taten ihr allerdings die Stiefschwestern und das Nachlassgericht in Brühl nicht, und so musste sich das Oberlandesgericht Köln (OLG) mit dem Fall befassen. Auch in dieser Instanz hatte Carla keinen Erfolg, weil auch diese Richter bei ihrer Beurteilung zu dem Ergebnis kamen, dass die in dem gemeinschaftlichen Testament der Eheleute Puffer enthaltene Pflichtteilsstrafklausel ausgelöst wurde. Eine derartige Pflichtteilsklausel ist nämlich eine typische letztwillige Anordnung, durch die gemeinschaftlich testierende, sich gegenseitig als Erben und ihre Abkömmlinge als Schlusserben einsetzende Ehegatten sicherstellen wollen, dass dem Überlebenden bis zu seinem Tod der Nachlass ungeschmälert verbleibt und er nicht durch das Pflichtteilsverlangen eines Schlusserben gestört wird. Eine derartige Klausel ist nach Feststellung der Richter auch nicht zu beanstanden.

Eine Zuwiderhandlung gegen die Pflichtteilsklausel liegt nach herrschender Meinung bereits vor, wenn der Pflichtteil bewusst und ernsthaft in Kenntnis der Pflichtteilsstrafklauseln geltend gemacht wird. Genau solch ein ernsthaftes Verlangen des Pflichtteils gegenüber dem Stiefvater ist das Schreiben von Carlas Rechtsanwalt und die nachfolgende Überweisung des geforderten Betrages, weil Paule Puffer schriftlich darauf hingewiesen wurde, dass er für den Fall der Nichtzahlung mit einer Inanspruchnahme rechnen müsse.

Damit wurde der überlebende Ehegatte Belastungen ausgesetzt, vor denen er durch die Pflichtteilsklausel geschützt werden sollte. Man kann sich wohl ungefähr ausmalen, wie sehr sich Carla über die Ergebnisse ihres Umgangs mit ihrem Stiefvater ärgern wird. Bei dieser Gelegenheit bewahrheitet sich auch wieder eine alte Redensart: Man kann nicht alles haben!

7. Krankenversicherung für die Kinder

Auch in diesem Beitrag spielt ein Kind die Hauptrolle, und auch dieses Mal ist das Kind volljährig und damit ohne Einschränkung rechtsfähig. Abermals jedoch fehlt es an einer gewissen wirtschaftlichen Selbständigkeit des Sprosses. Im Jahr 2010 nämlich befand sich Fred Wieselei mitten in einer Ausbildung zum Straßenbauer. Da die Ausbildungsvergütung nicht wirklich üppig war, wohnte er zu dieser Zeit noch bei seinen Eltern Arthur und Mimmi-Molly Wieselei. Die Geringfügigkeit seiner Ausbildungsvergütung änderte nichts daran, dass von Freds schmalem Gehalt Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung einbehalten wurden. Im gesamten Kalenderjahr addierten sich diese Beträge auf 290,51 Euro.

Als Fred eines Tages beim Feierabendbier vom unerschöpflichen Allgemeinwissen seiner Kollegen profitierte, erfuhr er, dass er diese Versicherungsbeiträge direkt von der Steuer absetzen könnte. Leider ist diese Information für den Fall Fred Wieseleis nur zur Hälfte richtig und für ihn nicht ohne Wirkung: Erstens können die Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge nicht direkt von der Steuer, sondern lediglich vom Einkommen abgezogen werden, und zweitens kann man nur Steuern reduzieren, wenn man überhaupt welche zahlt. Da sich das Azubi-Gehalt von Wieselei Junior noch innerhalb des Existenzminimums bewegte, stand für ihn das Thema Steuern in diesem Jahr gar nicht zur Debatte. Was für Beträge auch immer er also an seine Krankenkasse zahlte: Sie hätten sich auf seine Steuer nicht ausgewirkt.

Diese Erkenntnis weckte nun den Gerechtigkeitssinn der Eltern, die jetzt die Berücksichtigung derselben Versicherungsbeiträge im Rahmen ihrer eigenen Einkommensteuerfestsetzung beantragten. Natürlich war das Finanzamt damit nicht eiverstanden, und weil der Gerechtigkeitssinn der Eltern stark war, wurde der Fall am Ende beim Bundesfinanzhof (BFH) verhandelt. Aber auch hier hatten die Wieseleis keinen Erfolg. Nach Feststellung der hohen Richter ist es richtig, dass auch die im Rahmen der Unterhaltsverpflichtung für die Kinder getragenen Beiträge als eigene Beiträge berücksichtigt werden können.

Die Voraussetzung dafür ist, dass die Eltern für dieses Kind einen Anspruch auf einen Kinderfreibetrag bzw. auf Kindergeld haben. Diese Beiträge werden jedoch nur dann von den Eltern im Rahmen ihrer Unterhaltsverpflichtung getragen, wenn sie zusätzlich zum Regelunterhalt tatsächlich gezahlt werden. Das kann praktisch auch durch eine Erstattung an das Kind geschehen. Da die Eltern in diesem Streitfall die Beiträge allerdings nicht erstattet hatten, trugen sie die Versicherungsbeiträge ihres Kindes nicht und können sie deshalb auch nicht als Sonderausgaben geltend machen.

Der als Grundvoraussetzung genannte Unterhaltsanspruch umfasst den gesamten Lebensbedarf des Kindes einschließlich der Aufwendungen für eine angemessene Kranken- und Pflegeversicherung. Bei den Beiträgen zur Kranken- und Pflegeversicherung handelt es sich um einen gegenwärtigen Bedarf, da die Versicherungen ein jederzeit bestehendes Risiko absichern. Allerdings müssen die Versicherungsbeiträge tatsächlich auch angefallen sein. So führt etwa eine Familienmitversicherung nicht zu einem höheren Unterhaltsbedarf.

In den juristischen Denkstrukturen schließt sich daran die Feststellung an, dass für die Abzugsfähigkeit der Versicherungsbeiträge bei den Eltern überhaupt erst einmal ein Unterhaltsbedarf für das Kind bestehen muss. Wie hoch genau der Unterhaltsbedarf des volljährigen Sohnemanns Fred Wieselei ist, ist nicht bekannt. Aber jedenfalls ist bei ihm die Ausbildungsvergütung als Einkommen zu berücksichtigen und deswegen in voller Höhe bedarfsmindernd anzurechnen.





8. Urlaub ist vererbbar

Bereits 2014 hatte der Europäische Gerichtshof (EuGH) entschieden, dass der Anspruch eines Arbeitnehmers auf bezahlten Jahresurlaub nicht mit seinem Tod verlorengeht. Allerdings war es fraglich, ob diese Rechtsprechung auch dann gilt, wenn eine solche finanzielle Vergütung nach dem nationalen Recht nicht Teil der Erbmasse werde, wie dies in Deutschland der Fall ist. Außerdem kann der mit dem Anspruch auf bezahlten Jahresurlaub verfolgte Zweck, dem Arbeitnehmer Erholung zu ermöglichen und einen Zeitraum für Entspannung und Freizeit zur Verfügung zu stellen, nach dem Tod des Arbeitnehmers nicht mehr verwirklicht werden.

Zur Klärung dieser beiden Rechtsfragen hat das Bundesarbeitsgericht zwei Verfahren beim EuGH angeregt. Der EuGH kam mit seinen beiden Urteilen vom 6. November 2018 zu dem Ergebnis, dass der Anspruch eines Arbeitnehmers auf bezahlten Jahresurlaub nach dem Unionsrecht nicht mit seinem Tod verlorengeht. Außerdem können die Erben eines verstorbenen Arbeitnehmers eine finanzielle Vergütung für den von ihm nicht genommenen bezahlten Jahresurlaub verlangen. Sofern das nationale Recht eine solche Möglichkeit ausschließt und sich daher als mit dem Unionsrecht unvereinbar erweist, können sich die Erben unmittelbar auf das Unionsrecht berufen, und zwar sowohl gegenüber einem öffentlichen als auch gegenüber einem privaten Arbeitgeber.

Zur Begründung führten die Europäischen Richter an, dass der Tod des Arbeitnehmers unvermeidlich zur Folge hat, dass er die Entspannungs- und Erholungszeiten nicht mehr wahrnehmen kann, die mit dem Anspruch auf bezahlten Jahresurlaub, der ihm zustand, verbunden sind. Der zeitliche Aspekt ist jedoch nur eine der beiden Komponenten des Rechts auf bezahlten Jahresurlaub, das einen wesentlichen Grundsatz des Sozialrechts der Union darstellt und in der Charta der Grundrechte der Europäischen Union ausdrücklich als Grundrecht verankert ist. Dieses Grundrecht umfasst auch einen Anspruch auf Bezahlung im Urlaub und – als eng mit diesem Anspruch auf „bezahlten“ Jahresurlaub verbundenem Anspruch – den Anspruch auf eine finanzielle Vergütung für den bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses nicht genommenen Jahresurlaub.

Diese finanzielle Komponente ist rein vermögensrechtlicher Natur und daher dazu bestimmt, in das Vermögen des Arbeitnehmers überzugehen, sodass der tatsächliche Zugriff auf diesen vermögensrechtlichen Bestandteil des Anspruchs auf bezahlten Jahresurlaub dem Vermögen des Arbeitsnehmers und in der Folge denjenigen, auf die es im Wege der Erbfolge übergehen soll, durch den Tod des Arbeitnehmers nicht rückwirkend entzogen werden kann.

Stellt sich heraus, dass eine nationale Regelung (wie etwa die deutsche) nicht im Einklang mit dem Unionsrecht ausgelegt werden kann, hat das mit einem Rechtsstreit zwischen dem Rechtsnachfolger eines verstorbenen Arbeitnehmers und dessen ehemaligem Arbeitgeber befasste nationale Gericht die nationale Regelung unangewendet zu lassen und dafür Sorge zu tragen, dass der Rechtsnachfolger von dem ehemaligen Arbeitgeber eine finanzielle Vergütung für den von dem Arbeitnehmer gemäß dem Unionsrecht erworbenen und vor seinem Tod nicht mehr genommenen bezahlten Jahresurlaub erhält. (Quelle: Pressemitteilung des EuGH Nr. 164/2018 v. 06.11.2018)