Infobriefe

Infobrief Oktober 2021

01.10.2021

„Als Zwerg muss man das tun, was die Riesen nicht können.“

Niki Lauda (Rennfahrer und Unternehmer, 1949 – 2019)



Liebe Mandanten,

liebe Geschäftsfreunde,

ungetrübt war die Ferienfreude in diesem Sommer nicht: Delta macht uns weiterhin das Leben schwer; Starkregen hat kleine Flüsse in gefährliche Fluten verwandelt; der Weltklimarat stellte klar, dass die Bemühungen, die Erderwärmung auf 1,5 Grad zu begrenzen, schon bald als gescheitert gelten könnten; und dann waren da noch die Schreckensmeldungen aus Afghanistan… Manch einer mag sich da sehr nach dem früher so zuverlässigen Sommerloch gesehnt haben.

Nun – wir haben dieses Sommerloch gefunden: Es versteckt sich auf einer der folgenden Seiten. Und da Sommerlöcher gern mit Berichten über ein wildes, gefährliches oder aber besonders possierliches Tier einhergehen, haben wir auch einen Beitrag zum besten Freund des Menschen im Angebot – dem Hund. Denn wo ist eigentlich irgendwann einmal die Idee mit der Hundesteuer aufgekommen? Wissen Sie es? Wir verraten es Ihnen in unserem Steuerlexikon.  

Außerdem erfahren Sie mit dieser Infobrief-Ausgabe, welche Konsequenzen es hat, wenn ein Einkaufswagen auf dem Parkplatz ins Rollen gerät. Und wie ist das überhaupt, wenn Paketzusteller ein Knöllchen bekommen, weil sie ihren Wagen kurz im Halteverbot geparkt haben? Wenn ihr Arbeitgeber die Strafe zahlt – ist das dann quasi Arbeitslohn? Auch dieses Thema sprechen wir im vorliegenden Infobrief an.  

Wir wünschen Ihnen viel Vergnügen bei der Lektüre!  

Ihr Team von Wagemann + Partner

1 Grenzenloses Sponsoring

Dr. Dolly und Dr. Promptfrei betreiben in Koblenz eine ärztliche Gemeinschaftspraxis. Im hier strittigen Veranlagungsjahr 2009 (also vor 12 Jahren!) erdokterten die beiden insgesamt Einnahmen in Höhe von 946.000 Euro, wovon am Ende steuerpflichtige Einkünfte von rund 454.124 Euro übrig blieben. In der Absicht, dieses Ergebnis noch zu verbessern, wurde mit einem Motorsportler bereits im Jahr 2006 ein Sponsoring-Vertrag abgeschlossen, der den Sportler verpflichtete, auf seinem Rennanzug mit dem Logo und dem Internetauftritt der Gemeinschaftspraxis zu werben.

Außerdem durfte die Praxis Dolly-Promptfrei mit den Erfolgen des Sportlers werben, wofür unterschriebene Autogrammkarten, Poster, diverse Streuartikel, DVDs, Videos und auch Flyer zur Verfügung gestellt wurden. Die Kosten des Sponsorings beliefen sich im Streitjahr auf 71.400 Euro brutto plus einen Abschlag in Höhe von 23.800 Euro für das Folgejahr und plus weitere 3.000 Euro für das Personal-Sponsoring des Rennfahrers.

Die erfahrenen InfoBrief-Lesenden werden ahnen was nun folgte: Im Rahmen einer Betriebsprüfung wurde das Sponsoring als Thema aufgegriffen und der betriebliche Zusammenhang der genannten Aufwendungen bestritten. In der Konsequenz ging bei der Praxis Dolly-Promptfrei ein geänderter Bescheid ein, bei dem im Vergleich zum ursprünglichen Bescheid das Motorsport-Sponsoring sowie anteilige Finanzierungskosten in Höhe von 2.545 Euro gestrichen wurden.

Da der Einspruch und die daraufhin folgende Klage beim Finanzgericht Rheinland-Pfalz keinen Erfolg hatten, wurde der Bundesfinanzhof bemüht. Das für diesen Weg notwendige „Sponsoring“ an die Steuerberater und Rechtsanwälte war am Ende für die Doctores aber erfolgreich. Die Richter des Bundesfinanzhofs stellten die Anerkennung der Sponsoringaufwendungen als Betriebsausgaben fest.

Zur Begründung des Urteils wurde darauf verwiesen, dass es grundsätzlich die freie Entscheidung der Unternehmer ist, welche Aufwendungen für ihren Betrieb getätigt werden sollen. Dabei sind die Höhe der Aufwendungen, ihre Notwendigkeit, ihre Üblichkeit und ihre Zweckmäßigkeit für die Anerkennung als Betriebsausgaben grundsätzlich ohne Bedeutung.

Auch überhöhte, unübliche und unzweckmäßige oder erfolglose Aufwendungen können daher natürlich Betriebsausgaben sein. Das Fehlen der Üblichkeit, der Erforderlichkeit und der Zweckmäßigkeit einer Aufwendung kann allerdings ein Anzeichen dafür sein, dass die Aufwendungen aus außerbetrieblichen, also aus privaten Erwägungen erbracht wurden. Für die betriebliche Veranlassung genügt jedoch der allgemeine Zusammenhang mit dem Betrieb durch Schaffen günstiger Rahmenbedingungen.

Natürlich dürfen grundsätzlich auch Angehörige der freien Berufe für sich werben. Freiberufliche Tätigkeit ist in besonderer Weise durch die unmittelbare, persönliche und individuelle Arbeitsleistung des Berufsträgers geprägt und sie zielt darauf ab, eine Vertrauensbeziehung zum Empfänger der freiberuflichen Leistung zu schaffen. Deswegen müssen auch solche Sponsoringmaßnahmen steuerlich anerkannt werden, die geeignet und dazu bestimmt sind, das Image des Freiberuflers im angesprochenen Adressatenkreis zu fördern und hierdurch das Vertrauen in seine Person und seine freiberuflichen Leistungen zu stärken.

Wir haben eingangs die konkreten Ertragsverhältnisse der Praxis Dolly-Promptfrei genannt. Bei der Beantwortung der Frage, was Recht ist und was nicht, spielt die Höhe der Beträge üblicherweise keine Rolle. Um ihr Urteil noch „rund“ zu machen, weisen die Richter des Bundesfinanzhofs am Ende ihrer Urteilsbegründung ausdrücklich darauf hin, dass die hier behandelten Beträge zwar keineswegs Kleinbeträge sind, dass sie aber jedenfalls geeignet waren, den Bestand der in der Arztpraxis erzielten Gesamteinnahmen zu sichern und weiter zu festigen.

2 Der Einkaufswagen ist kein Fluchtauto

Im April des Jahres 2020 wollte Rubeus Hartgriff in einem Dortmunder Einkaufszentrum ein paar Einkäufe tätigen. Gegen 19.30 Uhr – also bei etwas schummrigen Lichtverhältnissen – war er angestrengt damit beschäftigt, seine Einkäufe im Kofferraum seines Autos zu verstauen. Dabei rollte in einem unbeobachteten Augenblick der von ihm genutzte Einkaufswagen gegen das Fahrzeugheck des gegenüber geparkten Pkw der Marke BMW.

Was Hartgriff zu wenig gesehen hatte, wurde von Arthur Flich, dem Eigentümer des BMW, umso genauer beäugt. Flich gab später zu Protokoll, beobachtet zu haben, dass Hartgriff den Unfall zwar bemerkt hatte und den Einkaufswagen von dem beschädigten Pkw zurückholte, sich dann aber von der Unfallstelle entfernte, ohne die erforderlich gewordenen Feststellungen zu ermöglichen. Vom zuständigen BMW-Autohaus wurde danach zwar kein Totalschaden, aber doch ein Sachschaden in Höhe von etwa 1.300 Euro diagnostiziert.

Neben der ungläubigen Frage, welches Gefälle die Parkplätze der Einkaufszentren in Dortmund haben müssen, ist zu klären, ob es sich bei der unmittelbaren Abfahrt von Herrn Hartgriff um eine klassische und damit unter Strafe stehende Unfallflucht handelt. Die Dortmunder Staatsanwaltschaft beantwortete diese Frage mit einem deutlichen „Ja!“ und beantragte einen Strafbefehl gegen Hartgriff.

Beim Amtsgericht Dortmund hatte dieses Ansinnen allerdings keinen Erfolg. Und weil dieses Urteil so auch rechtskräftig wurde, möchten wir die Begründung an dieser Stelle kurz gefasst widergeben:

Nach Auffassung des Gerichts fehlt es in den „Einkaufswagen“-Fällen an einem straßenverkehrsspezifischen Gefahrzusammenhang, weil der Unfall nicht spezifisch Ausdruck jener Gefahren ist, die mit der Fortbewegung eines Fahrzeugs im Sinne der Straßenverkehrsordnung verbunden sind. Wie genau der Begriff des „straßenverkehrsspezifischen Gefahrzusammenhanges“ zu definieren ist, diskutieren Juristen kontrovers. Als letztes hatte im Jahr 2011 das Oberlandesgericht Düsseldorf bei einem Einkaufswagen auf Kollisionskurs diesen Zusammenhang bejaht.

Bei der Einzelfallbetrachtung des aktuellen Vorfalls in Dortmund gelangten die Amtsrichter zu dem Ergebnis, dass bereits der Wortlaut dafür spricht, einen Straßenverkehr nur dort anzunehmen, wo mindestens eine willensgetragene Fortbewegung stattfindet. Ein Unfall im Straßenverkehr kann dementsprechend überhaupt nur dort angenommen werden, wo das Unglück Folge willentlicher Fortbewegung wenigstens eines Beteiligten ist. „Verkehr“ findet begrifflich nicht bereits dort statt, wo Gegenstände (mögen sie auch grundsätzlich Fortbewegungszwecken dienen) – etwa durch unzureichende Sicherung, äußere Witterungseinflüsse oder ähnliches – „von sich aus“ in Bewegung geraten; sie „verkehren“ damit noch nicht.

In der hier vorliegenden Demolierung von Flichs BMW hat sich also lediglich ein allgemeines Lebensrisiko verwirklicht. Sicherlich ändert das nichts daran, dass Flich einen Schadensersatzanspruch bei Hartgriff anmelden kann. Hartgriff hat keine charakterliche Meisterleistung abgeliefert, aber strafbar war das formlose Verschwinden nicht.



3 Verwarnungsgeld muss kein Arbeitslohn sein

Wer nicht in einen Laden gehen möchte oder kann, der bestellt die Lieferung der Waren telefonisch, per Fax oder natürlich mit Hilfe des Internets. Der wohl wichtigste Bestandteil dieses Distributionsweges ist, dass am Ende die begehrten Waren per Brief oder Paketdienst am Platz der beabsichtigten Verwendung abgeliefert werden. Also alles ganz einfach?

Nun ja … Beim Ausführenden des Paketdienstes jedenfalls nicht, denn wenn die Zustellerin oder der Zusteller an der Wohnungstür klingeln und warten, bis die Leute hinter der Tür herbeigeschlurft kommen, muss das Fahrzeug – meistens ein Kleintransporter mit einem großen Koffer – irgendwo bleiben. Dieses „Irgendwo“ ist dann nicht selten ein Radweg, ein Bürgersteig oder die Lücke, die deshalb frei ist, weil an dieser Stelle ein absolutes Halteverbot gilt.

Die Paketdienstleistungsfirma Schnell-Paket-Bringer (kurz SPB) hat daher bei den jeweils zuständigen Behörden Ausnahmegenehmigungen nach §46 der Straßenverkehrs-Ordnung beantragt, die ein kurzfristiges Halten zum Be- und Entladen in ansonsten nicht freigegebenen Bereichen wie Halteverbots- oder Fußgängerzonen unter bestimmten Auflagen gestatten (zu diesen Auflagen gehören etwa ein Abstand von 10 Meter zu Signalanlagen und eine Nicht-Gefährdung anderer Verkehrsteilnehmer). Diese Genehmigungen sind natürlich kostenpflichtig, gelten nur für ein bestimmtes Fahrzeug und werden für ein Jahr erteilt. Ist allerdings eine Ausnahmegenehmigung nicht erhältlich, wird es zur Gewährleistung eines reibungslosen Betriebsablaufs und im Interesse der Kunden im Einzelfall hingenommen, dass die Fahrer ihre Fahrzeuge auch in Halteverbotsbereichen oder Fußgängerzonen kurzfristig parken und dies mit entsprechenden Verwarnungsgeldern quittiert wird.

Solche Verwarnungsgelder werden entweder gleich gegen die SPB festgesetzt, oder die SPB bekommt als Halterin einen Zeugenfragebogen und einen Überweisungsvordruck zugeschickt mit der Aufforderung, zur Vermeidung weiterer Ermittlungen die Personalien des Fahrers mitzuteilen oder das Verwarnungsgeld innerhalb einer Woche zu entrichten. In beiden Varianten überweist die SPB die Verwarnungsgelder in der gesetzten Wochenfrist an die Gemeindekasse. Diese Regel gilt allerdings nicht in allen Fällen, denn Verwarnungs- oder Bußgelder für andere Verstöße ihrer Fahrer (etwa durch überhöhte Geschwindigkeit) trägt die SPB nicht. Mitarbeiter, die einen Firmenwagen nutzen und nicht im Zustelldienst tätig sind, müssen die Verwarnungs- und Bußgelder für alle Verkehrsverstöße selbst tragen.

Im Juli 2004 hatte der Bundesfinanzhof entschieden, dass kein lohnsteuerpflichtiger Arbeitslohn vorliegt, wenn ein Paketzustelldienst aus eigenbetrieblichem Interesse die Zahlung von Verwarnungsgeldern übernimmt, die gegen seine Fahrer verhängt worden sind, weil sie das Halteverbot verletzt haben. Nachdem allerdings ebenfalls vom Bundesfinanzhof die Lohnsteuerpflicht bei der Übernahme von Bußgeldern wegen festgestellter Verstöße gegen die Lenk- und Ruhezeiten bestätigt wurde, schlich sich bei der SPB eine gewisse Rechtsunsicherheit ein. Um diese wieder zu beseitigen, meldete das Unternehmen für April 2014 die Zahlungen der Verwarnungsgelder als lohnsteuerpflichtigen Arbeitslohn beim Finanzamt an und legte umgehend gegen die Festsetzung Einspruch ein.

Das so gestartete Einspruchsverfahren endete für die SPB nicht mit dem gewünschten Ergebnis. Der im Anschluss erhobenen Klage gab das Finanzgericht Düsseldorf jedoch zugunsten der SPB statt. Weil aber damit nun das Finanzamt wiederum nicht einverstanden war, bekamen die Richter des Bundesfinanzhofs erneut Gelegenheit, die eigenen Gedanken zu präsentieren.

Das Ergebnis dieser Überlegungen sah so aus, dass die Angelegenheit zur weiteren Ermittlung der Fakten und zur endgültigen Entscheidung wieder an das Finanzgericht zurückgeben wurde. Für die Nacharbeit wurde das Finanzgericht allerdings vom Bundesfinanzhof beauftragt, genauer darauf zu achten, wer die Zahlung der Verwarnungsgelder schuldet.   Sollte das Finanzgericht im zweiten Rechtsgang nun zu dem Ergebnis gelangen, dass der SPB wegen der Parkverstöße ein realisierbarer (einredefreier und fälliger) Schadensersatzanspruch gegen den jeweiligen Fahrer zustand, dann läge zum Zeitpunkt des Verzichts auf die Erstattung der gezahlten Verwarnungsgelder ein geldwerter Vorteil vor. Das gilt natürlich auch, wenn es (dann) heißt: „Aber das haben wir doch schon immer so gemacht.“

4 Was verbindet einen Grillimbiss mit einem Eiscafé?

Frank Langbodden betrieb 2010 und 2011 im selben Gebäude sowohl ein Eiscafé als auch einen Grillimbiss. Die Räumlichkeiten waren zwar nicht direkt miteinander verbunden, aber für das Eiscafé und den Grillimbiss wurde „dieselbe Kundentoilette“ genutzt. Weiterhin war verbindend, dass es eine einheitliche Telefon- und eine einheitliche Faxnummer gab und dass die zwölf Tische und 36 Stühle der Außengastronomie sowie ein KFZ gemeinsam genutzt wurden. Einige von Langboddens Mitarbeitern wurden flexibel für beide Betätigungen eingesetzt.

Anlässlich eines Stadtfestes, das an zwei Tagen im Jahr 2010 stattfand, erhielten Kunden, die im Grillimbiss ein bestimmtes Gericht bestellten, einen Gutschein für eine Kugel Eis, der im Eiscafé einzulösen war. Banktechnisch war das so organisiert, dass zwar für jede der beiden Betätigungen ein gesondertes Girokonto unterhalten wurde, aber die beiden Bankkonten wurden beim selben Kreditinstitut und unter derselben Stammnummer geführt, und nicht zuletzt bestand eine einheitliche Kreditlinie für beide Bankkonten. Lohnzahlungen für Mitarbeiter des Eiscafés wurden teilweise auch vom Bankkonto des Grillimbisses getätigt.

Die steuerlichen Vorschriften geben die Regel vor, dass bei unterschiedlichen Gewerbebetrieben, die von einer (!!!) Person betrieben werden, auch für jeden dieser Gewerbebetriebe eine gesonderte Ermittlung der Einkünfte zu erfolgen hat. Dies ist nachteilig für den Steuerpflichtigen, weil dadurch ein erhöhter Verwaltungsaufwand entsteht. Ein Vorteil aber kann darin bestehen, dass für jeden Gewerbetrieb im Besitz einer natürlichen Person bzw. einer Personengesellschaft der Freibetrag zur Gewerbesteuer in Höhe von 24.500 Euro gesondert eingesetzt werden kann. Anderseits kann die Gewerbesteuer im Normalfall bis auf relativ geringe Unterschiede in Abhängigkeit vom Gewerbesteuer-Hebesatz der jeweiligen Gemeinde auf die persönliche Einkommensteuer angerechnet werden.   Langbodden nun machte für die beiden Jahre einen schweren taktischen Fehler. Zunächst hatte er die Ergebnisse seiner Betätigungen getrennt ermittelt und diese auch so dem Finanzamt mitgeteilt (aber wahrscheinlich konnte er nicht anders, weil es schon immer so war):



Jahr                      Grillimbiss                       Eiscafé                            Saldo

2010                   + 57.103 Euro             ./. 27.136 Euro              + 29.967 Euro

2011                   + 59.058 Euro             ./. 24.312 Euro              + 34.746 Euro



Bei der Erstellung der Gewerbesteuer-Erklärung wurde das Dilemma offenbar. Auch nach Berücksichtigung des Gewerbesteuer -Freibetrages wird für den Grillimbiss eine nennenswerte Gewerbesteuer fällig. Das Eiscafé fährt Verluste ein, weshalb hier keine Gewerbesteuer anfällt. Für die Ermittlung von Langboddens persönlicher Einkommensteuer werden für die Summe der Einkünfte die Ergebnisse für beide Aktivitäten zusammengerechnet, aber dadurch wird „leider“ nicht so viel Einkommensteuer fällig, als dass die Gewerbesteuer für den Grillimbiss in voller Höhe auf die Einkommensteuer angerechnet werden könnte.

Somit schaltete Langbodden in den Reparaturmodus und fasste die Ergebnisse der beiden Betätigungen in einer Gewerbesteuer-Erklärung zusammen. Natürlich trug er wunderbare Erläuterungen dafür vor, aber das Finanzamt ließ sich davon nicht beeindrucken. Da Einspruch und Klage beim Finanzgericht Münster gegen die für den Grillimbiss ergangenen Gewerbesteuermessbescheide ohne Erfolg blieben, wurde der Bundesfinanzhof um Hilfe angerufen.

Und der Bundesfinanzhof half, wobei auch dieses Verfahren wieder zum Finanzgericht zurückgeschickt wurde. Zur Begründung des Urteils starteten die hohen Richter mit einem kleinen steuerrechtlichen Repetitorium: Es müssen gleichartige und ungleichartige Betätigungen unterschieden werden. Bei gleichartigen Betätigungen kann man davon ausgehen, dass alles ein Gewerbebetrieb ist, wenn nicht ganz besondere Umstände dagegensprechen. Bei ungleichartigen Betätigungen ist es genau umgekehrt.

Da die Richter des Finanzgerichts immer die Aufgabe haben, die Fakten festzustellen, sahen sie sich in diesem Fall verpflichtet, sich für eine der beiden Varianten zu entscheiden, also nach dem Prinzip „Schwarz oder Weiß“. In diesem Auswahlverfahren entschied man sich in Münster für schwarz, also für die ungleichartige Betätigung.

Diese absolute Entscheidung war aber der zentrale Kritikpunkt der Richter des Bundesfinanzhofs, denn hier wurde ein Grenzfall identifiziert, der dadurch gekennzeichnet ist, dass die Betätigungen zwar nicht vollkommen verschiedenartig sind (es handelt sich in beiden Fällen um Gastronomie), aber angesichts der Unterschiede im Speisenangebot auch nicht in Gänze als gleichartig angesehen werden können. Hinzu kommt, dass angesichts der Vielgestaltigkeit des Wirtschaftslebens keine genaue Definition existiert, was eigentlich eine einheitliche Betätigung ist.

Bei ihrer nächsten Beschäftigung mit dem Sachverhalt wurde den Richtern des Finanzgerichts von den Kollegen des Bundesfinanzhofs aufgetragen, eine grundsätzlich neue Bewertung durchzuführen. Da es sich nicht um eindeutig ungleichartige Betätigungen handelt, soll man dieses Mal nicht so strenge Anforderungen an den Grad des erforderlichen wirtschaftlichen, organisatorischen und finanziellen Zusammenhangs stellen wie bei der Entscheidung im ersten Rechtsgang.

5 Elektronisches Brief-Post-Geheimnis

Der Text ist sauber formuliert, alle gewünschten Anhänge sind dabei, der Absender hat die richtige Berufsbezeichnung, die Logos der Firma und von allen Auszeichnungen stehen an der richtigen Stelle und auch der Disclaimer sitzt. Der Finger schwebt über der Enter-Taste, weil es endlich losgehen kann, aber just in diesem Moment meldet sich ein schwerer Zweifel: Muss für den Datenschutz und für die Verschwiegenheit noch etwas getan werden, also muss die elektronische Post (= E-Mail) noch zusätzlich verschlüsselt werden? Es ist keine Antwort zu finden, was – wirklich – notwendig und was ausreichend ist. Also geht der Finger runter und die E-Mail startet in die Weiten des Internets.

Es ist nicht genau überliefert, aber möglicherweise waren dies die Gedanken der Mitarbeiterin von Rechtsanwalt Alanus Schoor, als sie am Morgen des Weihnachtsabends 2018 eine E-Mail an den Bruder des Mandanten Cornelius Fatsch versendete. Das beigefügte Schreiben, das der (ganz normal transportverschlüsselten) E-Mail beigefügt war, befasste sich damit, dass der Adressat der Mail auf einen vorangegangenen klassisch versendeten Brief von Rechtsanwalt Schoor nicht reagiert hatte. Der Bruder wurde mit freundlichen, jedoch bestimmten Worten daran erinnert, dass es nun wirklich pressiert, für Fatsch eine Erklärung gegenüber dem Finanzamt zu unterzeichnen und den Abschluss einer Wohngebäude- und Haftpflichtversicherung für ein Haus nachzuholen, an dem Fatsch über eine Erbengemeinschaft beteiligt ist.

Fatschs Bruder reagierte, aber anders als es sich Schoor und seine Mitarbeiterin vorgestellt hatten: Der Rechtsanwalt wurde beim rheinland-pfälzischen Landesbeauftragten für den Datenschutz und die Informationsfreiheit wegen einer Datenschutzverletzung angezeigt, und die Behörde erteilte Schoor tatsächlich eine Verwarnung, weil er personenbezogene Daten ohne ein dem Risiko angemessenes Schutzniveau verarbeitet hätte. Der Versand per unverschlüsselter E-Mail würde keine ausreichende Sicherheit für Nachrichten bieten, die sensible Informationen enthalten.

Schoor war damit nicht einverstanden und beantwortete die Verwarnung mit einer Klage beim Verwaltungsgericht Mainz. Bei ihrem Urteil kamen die Mainzer Verwaltungsrichter zu dem Ergebnis, dass Schoor tatsächlich einen Grund zum Klagen hatte, denn der Versand einer E-Mail auch ohne Verwendung einer Ende-zu-Ende-Verschlüsselung oder sonstiger über eine (obligatorische) Transportverschlüsselung hinausgehende Sicherungsmaßnahmen stellt keinen Verstoß gegen datenschutzrechtliche Vorgaben dar.

Die Verschlüsselung wird in der Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) als technische Maßnahme ausdrücklich erwähnt, ohne dass die Anforderungen an sie weiter ausdifferenziert seien, also eine bestimmte Art einer Verschlüsselung gefordert werde. Somit ist auch eine bloße Transportverschlüsselung eine Verschlüsselung im Sinne der DSGVO. Die Verwendung einer Ende-zu-Ende-Verschlüsselung ist nicht in jedem Fall zwingend geboten, denn die Datenkategorien, die einen besonderen Schutz genießen, sind in den Artikeln 9 und 10 DSGVO geregelt.

Das Urteil des Verwaltungsgerichts ist die erste gerichtliche Entscheidung, die sich mit einer möglichen Pflicht von Rechtsanwälten befasst, mandatsbezogene E-Mails über eine bloße Transportverschlüsselung hinaus zu verschlüsseln. Da das Urteil auch rechtskräftig geworden ist, darf man wohl davon ausgehen, dass die Ausführungen in der Urteilsbegründung sprichwörtlich „Hand und Fuß“ hatten.

Aber natürlich ist das kein Freibrief für alle Fälle, sondern eben „nur“ für diesen Einzelfall. Der zweite Wermutstropfen ist, dass die technologischen Entwicklungen unaufhaltsam voranschreiten. Auch die Mainzer Verwaltungsrichter positionierten die Transportverschlüsselung als „Mindeststandard der Technik“. Auf der anderen Seite darf man sich bei dieser Diskussion die Ohren reiben. Bei der althergebrachten Art und Weise, die Briefe zu verteilen, also beim Sortieren der Post in einem Briefverteilzentrum, wandern keine Panzerschränke durch das Haus, sondern Umschläge aus Papier, die ein „Jeder“ ohne Intelligenz und Kraft öffnen kann. Das macht aber niemand, weil es eben das heilige Briefgeheimnis gibt und deshalb verboten ist. Irgendwie wird das aber von der Allgemeinheit unaufgeregt zur Kenntnis genommen.



6 Versicherungsschutz für den Geschäftsführer bei Insolvenz

Die gesetzeskonforme Definition der Abkürzung „GmbH“ lautet bekanntlich „Gesellschaft mit beschränkter Haftung“. Bei einer nicht so optimistischen Translation heißt es dann schon einmal: „Geh’ste mit bis’te hin“. Das Wort „beschränkt“ meint eigentlich auch nur, dass das eingesetzte Eigenkapital „weg“ ist, aber im wirklichen Leben gibt es mehrere Möglichkeiten, wie insbesondere der Geschäftsführer dann doch in die Haftung genommen werden kann.

Eine dieser Möglichkeiten ist der Fall, bei dem ein Geschäftsführer die Forderungen einzelner Gläubiger vollständig begleicht und andere Gläubiger unbezahlt lässt. Wenn das passiert und durch eine Insolvenz so bleibt, dann muss der Geschäftsführer die benachteiligten Gläubiger mit Geld aus der eigenen Tasche bezahlen. Um sich für alle Risiken zu wappnen, kann für einen Geschäftsführer eine Vermögensschaden-Haftpflichtversicherung abgeschlossen werden, die unter der Bezeichnung D&O-Versicherung (Director & Officer) kursiert. Dabei war unklar, ob mit einer solchen Versicherung auch das Risiko der Gläubigerbenachteiligung abgedeckt ist.   Nach der bisherigen obergerichtlichen Judikatur schuldet der D&O-Versicherer dem Geschäftsführer einer insolventen GmbH keine Deckung, wenn dieser auf Ersatz insolvenzrechtswidrig geleisteter Zahlungen in Anspruch genommen wird. Nachdem diese Rechtsprechung allseits und ausführlich kritisiert worden war, hat ihr nunmehr ein Zivilsenat des Bundesgerichtshofs widersprochen. Die vom Bundesgerichtshof bejahte Eintrittspflicht der Versicherung ist im Blick auf zahlreiche Fälle einer Inanspruchnahme von Geschäftsleitern durch Insolvenzverwalter wegen Zahlungen nach Insolvenzreife von erheblicher praktischer Bedeutung – gerade auch in der Corona-Krise.

Das Urteil des Bundesgerichtshofs beruht maßgeblich auf einer Auslegung der im Streitfall relevanten Versicherungsbedingungen (ULLA). Der durchschnittliche Versicherte darf nach Ansicht der hohen Richter des Bundesgerichtshofs unter Berücksichtigung von deren Wortlaut, Sinn und Zweck erwarten, dass der Versicherer sein Interesse daran schützt, keine Vermögenseinbußen infolge von gegen ihn gerichteten Schadensersatzforderungen zu erleiden. Er wird deshalb mit Recht annehmen, dass gerade dieses für ihn bedeutende und potenziell existenzvernichtende Haftpflichtrisiko von der Deckung erfasst wird.

Zumindest ist geklärt, wie weit die Versicherung mitgehen kann, wenn man „hin ist“. Gleichwohl ist zu erwarten, dass die ULLA’s von den Versicherern „angepasst“ werden.

7 H wie … Hundesteuer

Zur Beschaffung von finanziellen Mitteln haben die öffentlichen Haushalte drei sichere Wege: Abgaben, Gebühren und vor allen Dingen die Erhebung von Steuer. Im Einzelfall wird auch versucht, wie richtige Unternehmer am Wirtschaftsleben teilzuhaben, aber das ist eine andere Geschichte, die an dieser Stelle nicht weiter vertieft werden soll.

Was die Steuern betrifft, ist es allerdings so, dass die besten Ideen bereits vom Bund umgesetzt werden. Nach dem Zugriff der Bundesländer bleibt für die Gemeinden leider nicht mehr viel an kreativen Steuererhebungen übrig. Nachdem wir zuletzt unter „Z wie Zweitwohnsitzsteuer“ dieses Thema erörtert hatten, möchten wir nun von der Hundesteuer berichten:

Historisch betrachtet, ist die Hundesteuer keine deutsche Idee, sondern eine britische. Dort wurde sie bereits 1796 eingeführt, allerdings 1987 auch wieder abgeschafft. (Vielleicht wollte Margaret Thatcher damals klarstellen, dass Kopfsteuer nur für Lebewesen mit zwei und nicht mit vier Beinen gelten soll.)

In Deutschland war es die Stadt Offenbach am Main, die im Jahr 1807 als erste die Besteuerung von Hundebesitz in die Realität umsetzte. Auf diesem Wege sollten Kriegsschulden finanziert werden. Ähnlich war der gedankliche Ansatz in Preußen, als dort 1810 eine Luxussteuer eingeführt wurde: Um sich auf die anstehenden Auseinandersetzungen mit Napoleon vorzubereiten, vertrat der Staat die Auffassung, dass derjenige, der es sich leisten kann, Hunde zu halten, die keine Nutztiere sind, auch noch genug Geld haben muss, um dafür einen Sonderbeitrag zu zahlen. Das gleiche galt dann auch für Pferde und Diener.

Das Recht zur Erhebung von Hundesteuer liegt heutzutage ausschließlich bei den Gemeinden. Sie kreieren und gestalten die entsprechenden Satzungen, wobei der wichtigste Paragraf natürlich stets die Höhe der Hundesteuer angibt. Für „normale“ Hunde werden dabei gegenwärtig 0 bis 200 Euro fällig, für sogenannte Kampfhunde kann es mehr sein – die Stadt Starnberg nimmt hier mit schlappen 1.000 Euro wohl die Spitzenposition ein. Abgesehen vom Kampfhundstatus, werden bei Rasse und Größe der Hunde aber keine Unterschiede gemacht; bei Mischlingen würde das sicherlich diverse praktische Probleme mit sich bringen.   Steuerbefreiungen gibt es üblicherweise für Helferhunde wie Blindenhunde oder auch wie solche, die ein Partner bei der Arbeit sind. Wird ein Hund aus dem Tierheim aufgenommen, verzichten viele Gemeinden bis zu drei Jahre lang auf die Steuer.

Dass die Mitarbeiter der Ordnungsämter bei ihrem Dienst auf der Straße nicht nur auf falsch abgestellte Autos achten, sondern auch darauf, ob sich die verkehrsteilnehmenden Hunde ordentlich mit einer Marke am Hals ausweisen können, ist indes nicht weiter verwunderlich. Denn wenn es am Halsband nichts zu finden gibt, droht demjenigen am anderen Ende der Leine ein Bußgeld von bis zu unglaublichen 10.000 Euro. Da gewinnt die Bezeichnung des teuren Freundes eine ganz andere Bedeutung.