23. August 2024
Darlehensverlust eines GmbH-Gesellschafters
Der Ausfall einer bis zum
27.9.2017
begründeten Darlehensforderung eines wesentlich beteiligten
GmbH-Gesellschafters kann nicht bei den Einkünften aus Kapitalvermögen
berücksichtigt werden, wenn der Darlehensausfall nach dem vom Bundesfinanzhof
(BFH) gewährten Vertrauensschutz den nachträglichen Anschaffungskosten im
Rahmen gewerblicher Einkünfte zuzuordnen ist. Der GmbH-Gesellschafter kann auf
diesen Vertrauensschutz nicht verzichten.
Hintergrund: Verkauft ein
GmbH-Gesellschafter, der mit mindestens 1 % in den letzten fünf Jahren an der
GmbH beteiligt war und die Beteiligung in seinem Privatvermögen hält,
GmbH-Anteile mit Gewinn oder Verlust, führt dies nach dem Gesetz zu Einkünften
aus Gewerbebetrieb. Der Verlust oder Gewinn wird nach dem sog.
Teileinkünfteverfahren nur zu 60 % berücksichtigt. Auch ein Verlust aus einem
Darlehensausfall wird nach der aktuellen Rechtslage sowie nach der bis zum Jahr
2017 geltenden Rechtsprechung hierbei berücksichtigt, und zwar als
nachträgliche Anschaffungskosten. Allerdings gilt das Gesetz nur für
Veräußerungen oder Aufgaben (einer GmbH-Beteiligung) nach dem
31.7.2019. Für
Veräußerungen oder Aufgaben vor diesem Zeitpunkt kann die aktuelle Rechtslage
auf Antrag angewendet werden. Wird kein Antrag gestellt, kann der
Darlehensausfall aufgrund eines vom BFH im Jahr 2017 gewährten
Vertrauensschutzes steuerlich gleichwohl bei den Einkünften aus Gewerbebetrieb
berücksichtigt werden, wenn das Darlehen bis zum
27.9.2017 gewährt
worden ist oder bis zum 27.9.2017 eigenkapitalersetzend geworden ist, d.h. von
einem Dritten nicht gewährt oder nicht stehengelassen worden wäre; der BFH
gewährte diesen Vertrauensschutz, weil er in seinem Urteil aus dem Jahr 2017
seine bisherige Rechtsprechung geändert und Darlehensausfälle eines
GmbH-Gesellschafters grundsätzlich nicht mehr steuerlich anerkannt hatte.
Sachverhalt: Der Kläger
war zu 80 % an einer GmbH beteiligt. Er gewährte der GmbH im Jahr 2015 zwei
Darlehen in Höhe von 150.000 €. Im Jahr 2016 wurde über das Vermögen der
GmbH das Insolvenzverfahren eröffnet; der Insolvenzverwalter bestätigte, dass
der Kläger kein Geld von der GmbH zurückbekommen wird. Der Kläger machte in der
Einkommensteuererklärung für 2016 den Darlehensausfall in Höhe von 150.000
€ bei der Ermittlung seines Verlustes aus der Aufgabe seiner
GmbH-Beteiligung geltend. Das Finanzgericht (FG) erkannte den Darlehensausfall
bei den Einkünften aus Kapitalvermögen an und berücksichtigte ihn damit
vollständig und nicht nur nach dem Teileinkünfteverfahren zu 60 %. Hiergegen
legte das Finanzamt Revision ein.
Entscheidung: Der BFH gab
der Revision des Finanzamts statt und verwies die Sache zur weiteren Aufklärung
an das Finanzgericht zurück:
-
Der Darlehensausfall führt
grundsätzlich zu nachträglichen Anschaffungskosten, die bei den Einkünften aus
Gewerbebetrieb zu 60 % zu berücksichtigen sind. -
Der Darlehensausfall kann
entgegen der Auffassung des FG nicht bei den Einkünften aus Kapitalvermögen
berücksichtigt werden, weil die Einkünfte aus Kapitalvermögen
nachrangig gegenüber den Einkünften aus
Gewerbebetrieb sind. -
Zwar gilt die Neuregelung, die
einen Darlehensausfall eines wesentlich beteiligten GmbH-Gesellschafters den
Einkünften aus Gewerbebetrieb zuordnet, nur für Veräußerungen oder Aufgaben von
GmbH-Beteiligungen nach dem
31.7.2019,
während die Aufgabe im Streitfall bereits im Jahr 2016 erfolgt ist. Der Kläger
hat auch keinen Antrag auf vorzeitige Anwendung der Neuregelung für
GmbH-Aufgaben vor dem 1.1.2019 gestellt. -
Jedoch greift im Streitfall
der vom BFH ausgesprochene Vertrauensschutz, da das Darlehen bis zum
31.7.2019 gewährt
worden ist. Der Vertrauensschutz führt zu einer Zuordnung des Darlehensausfalls
zu den gewerblichen Einkünften, so dass die Zuordnung zu den Einkünften aus
Kapitalvermögen verdrängt wird. Auf den Vertrauensschutz kann
der GmbH-Gesellschafter nicht verzichten.
Hinweise: Der BFH hat die
Sache an das FG zurückverwiesen, welches nun die Höhe der nachträglichen
Anschaffungskosten ermitteln muss. Der Darlehensausfall wird nämlich nur dann
mit dem Nennwert bewertet, wenn das Darlehen in der Krise gewährt wurde oder
krisenbestimmt war, also auch in der Krise nicht zurückgefordert werden sollte.
Sollte das Darlehen hingegen vor dem Kriseneintritt gewährt worden und nicht
krisenbestimmt gewesen sein, sondern lediglich in der Krise stehengelassen
worden sein, wäre lediglich der gemeine Wert des Darlehens im Zeitpunkt des
Kriseneintritts anzusetzen; dies ist häufig ein Wert von unter 10 % des
Nennwertes.
Quelle:
BFH, Urteil vom 20.2.2024
– IX R 12/23; NWB