Infobriefe

Infobrief Dezember 2021

27.12.2021

„Wo Leidenschaft den Vorsatz hingewendet, entgeht das Ziel uns, wenn sie selber endet.“

William Shakespeare (1564 – 1616)





Liebe Mandanten,

liebe Geschäftsfreunde,  

eigentlich hatte dieser Winter entspannter sein sollen als der letzte. Eine kleine vierte Coronawelle, damit hatte man gerechnet. Aber sie versprach eben klein zu sein, schließlich würde das Virus an einem flächendeckenden Impfschutz scheitern. Das jedenfalls war der Plan. Die Realität sieht leider anders aus, und wieder einmal verhindert das Virus Weihnachtsmärkte, bringt Chaos in die Schulen und lässt uns zum Jahreswechsel hoffen, dass sich die Lage schnell und dauerhaft verbessern möge …  

Was sich 2022 auf jeden Fall ändert – und damit kommen wir zum Inhalt dieses Infobriefes – sind Ausnahmeregelungen für die Pfandpflicht auf Getränkeflaschen und -dosen. Künftig sollen nahezu alle Flaschen und Dosen mit Pfand belegt sein. So sieht es das neue „Gesetz zur Umsetzung von Vorgaben der Einwegkunststoffrichtlinie und der Abfallrahmenrichtlinie im Verpackungsgesetz und in anderen Gesetzen“ vor. Was genau es damit auf sich hat, erfahren Sie auf den folgenden Seiten.  

Dort erläutern wir Ihnen auch, ob selbständige Lehrer ihre Rechnungen mit, ohne oder mit wenig Umsatzsteuer stellen müssen. Und kennen Sie die neuesten Regelungen zum Transparenzregister? Lesen Sie den entsprechenden Artikel, denn womöglich besteht Handlungsbedarf!   Wie wünschen Ihnen eine kurzweilige Lektüre und für 2022 nur das Beste. Kommen Sie gut ins neue Jahr!  

Ihr Team von Wagemann + Partner

1 Bunter Strauß des Föderalismus bei der Grundsteuer

Ganz, ganz früher nutzte man für die Bewertung von Immobilien den sogenannten Einheitswert. Dieser Wert sollte alle sechs Jahre für alle Immobilien neu ermittelt werden, aber im wirklichen Leben passierte das nach dem letzten Weltkrieg in den sogenannten „alten Bundesländern“ nur einmal, und zwar auf den 1. Januar 1964, und in den „neuen Bundesländern“ gar nicht, weshalb hier auf die Werte zum 1. Januar 1935 zurückgegriffen wurde.

Angefangen bei der Erbschaft- und Schenkungsteuer wurde nach und nach für alle Steuerarten festgestellt, dass die Verwendung dieser Einheitswerte galoppierend verfassungswidrig sei. In einer unserer früheren Infobrief-Ausgaben hatten wir berichtet, dass dieses Schicksal am Ende auch die Grundsteuer ereilte. Daraufhin wurde Ende 2019 auf Bundesebene die Grundsteuerreform verabschiedet. Den Ländern wurde aber mit der sogenannten Öffnungsklausel die Möglichkeit gegeben, vom Bundesgesetz abzuweichen und eigene Grundsteuermodelle zu entwickeln und umzusetzen. Jedenfalls muss ab dem 1. Januar 2025 die reformierte Grundsteuer angewendet werden. Bis dahin kann diesbezüglich alles so gemacht werden wie früher.

Was den grundsätzlichen Ablauf bei der Erhebung der Grundsteuer betrifft, so wird sich so viel gar nicht ändern. Es wird zunächst eine Zahl benötigt, die den Wert des betreffenden Grundstücks abbilden soll und die dann in eine Steuermesszahl umgerechnet wird. Auf diesen Grundsteuer-Messbetrag wird dann der Hebesatz der Gemeinde angewendet, in der die Immobilie gelegen ist. Dieser Hebesatz wird auch weiterhin von der Legislative der Gemeinde in ihrer freien Willensbildung festgelegt. Bei dem, was sich ändert, spielt allerdings die sprichwörtliche Musik in den lautesten Tönen, denn statt dem Einheitswert wird nun – für JEDES Grundstück – der Grundsteuerwert benötigt.

Das Bundesgesetz regelt, dass für die Ermittlung der Höhe der Grundsteuer in Zukunft nicht mehr – allein – auf den Bodenwert zurückgegriffen kann, sondern es werden dann – auch – Erträge wie Mieteinnahmen berücksichtigt. Berlin, Brandenburg, Bremen, Mecklenburg-Vorpommern, Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz, Sachsen-Anhalt, Schleswig-Holstein und Thüringen haben sich entschieden, diese Bundesregelungen tatsächlich anzuwenden. Die Landesparlamente Baden-Württemberg, Bayern, Hamburg, Hessen, Niedersachsen, Saarland und Sachsen fanden das, was der Bund vorschlägt, nicht so schön und haben sich für eigene Modelle entschieden, die dann hoffentlich auch verfassungskonform gelungen sein werden.

Es wird nicht überraschen, dass die Ermittlung der Grundsteuerwerte auf den Stichtag zum 1. Januar 2022 nicht durch Zauberhand und ganz nebenbei erfolgen wird. Vielmehr sieht der aktuelle Zeitplan vor, dass im Zeitfenster zwischen Juli und 31. Oktober 2022 für jede Grundstückseinheit gesondert eine Steuererklärung zur Feststellung des Wertes beim zuständigen Lagefinanzamt einzureichen ist. Die nächsten Hauptfeststellungszeitpunkte werden dann der 1. Januar 2029, der 1. Januar 2036 usw. sein. Das bedeutet, dass alle sieben Jahre eine neue Grundsteuererklärung erforderlich sein und damit dann auch alle sieben Jahre die Grundsteuer neu festgesetzt wird. So ist jedenfalls der Plan, und für Beschäftigung ist gesorgt.

2 Verzinsung von Steuernachforderungen und erstattungen

Wer seine Steuern später zahlt als andere, ist gegenüber den Schnellzahlern scheinbar im Vorteil, weil man in der Zwischenzeit das Geld für sich arbeiten lassen könnte. So war das jedenfalls im nebulösen „Früher“. Im „Heute“ gilt das aber nicht mehr, denn auf einfache Bankguthaben gibt es keine Zinsen mehr. Ganz im Gegenteil kostet es eher noch Geld, wenn das Guthaben auf einem Konto stehen bleibt.

Nach mehreren Anläufen kam nun im Juli 2021 das Bundesverfassungsgericht zu dem Ergebnis, dass die Verzinsung von Steuernachforderungen und -erstattungen verfassungswidrig ist, soweit der Zinsberechnung für Verzinsungszeiträume ab dem 1. Januar 2014 ein Zinssatz von monatlich 0,5%, also jährlich 6%, zugrunde gelegt wird. Da aber auch die Sicherung des Staatshaushaltes ein hohes Gut ist, haben die Richter des Bundesverfassungsgerichts ihr Urteil gleich wieder insoweit relativiert, dass die Zinsfestsetzungen für Verzinsungszeiträume bis zum 31. Dezember 2018 für die Gemeinheit doch noch zu verkraften sind. Für Verzinsungszeiträume ab dem 1. Januar 2019 darf das bisherige Recht allerdings nicht mehr angewendet werden, und der Gesetzgeber wurde dazu verdonnert, bis zum 31. Dezember 2022 eine verfassungsgemäße Neuregelung für Verzinsungszeiträume ab dem 1. Januar 2019 zu finden.

Von diesem Urteil sind alle Steuerarten betroffen, für die eine Vollverzinsung gesetzlich angeordnet wird, also die Einkommen-, Körperschaft-, Umsatz- und Gewerbesteuer. Bezogen auf andere gesetzliche Verzinsungstatbestände, wie etwa Stundungs-, Hinterziehungs- und Aussetzungszinsen, also die Gelegenheiten, bei denen 1% je Monat fällig werden, konnten die Richter sich nicht zur Feststellung einer Verfassungswidrigkeit durchringen.

Unterdessen hat im September 2021 das Bundesministerium der Finanzen Worte gefunden, um das Urteil in eine Verwaltungsanweisung zu gießen. In der Summe werden zunächst keine Nachzahlungszinsen mehr für die Zeiträume ab dem 1. Januar 2019 festgesetzt. Aber die Finanzverwaltung geht davon aus, dass auch die Neuregelung des Gesetzes so aussehen wird, dass eine Steuernachzahlung oder -erstattung voll verzinst wird, wobei unklar wäre, welcher Zinssatz konkret verfassungsgemäß ist beziehungsweise auf welchen grundgesetztreuen Wegen der Zinssatz ermittelt werden kann. Wenn dann hier die nötige Klarheit herrscht, melden sich die Finanzämter wieder bei den bisher unbelasteten Steuerpflichtigen. Genau dieses Recht wird man sich so lange auch in den Steuerbescheiden mit einem kleinen Absatz in den Erläuterungen vorbehalten.

Naturgemäß etwas unklarer wird die Angelegenheit, wenn bereits Bescheide vorliegen, bei denen Nachzahlungen oder Erstattungen für die Zeiten ab dem 1. September 2019 mit den vollen 0,5 Prozentpunkten je Monat verzinst wurden. Wenn es in den Erläuterungen zum Bescheid einen Hinweis zur Vorläufigkeit der Zinsfestsetzung gibt, wenn der gesamte Bescheid unter dem Vorbehalt der Nachprüfung steht oder gegen den Bescheid sogar Einspruch eingelegt wurde, dann soll abgewartet werden, bis der Gesetzgeber seine Ideen- und Lösungsfindung in Form einer neuen Gesetzgebung abgeschlossen hat. Wenn keine dieser drei Lösungsalternativen zutrifft, erfolgt eine Zinsänderung nur, wenn die Zinsen neu oder geändert festzusetzen sind, beispielsweise, weil sich die Steuerschuld mindert oder erhöht.

Im Falle von Erstattungszinsen gilt das gleiche, nur mit der umgekehrten Auswirkung: Es kann also passieren, dass bereits erhaltene, mit dem Zinssatz 6% berechnete Erstattungszinsen (teilweise) zurückgezahlt werden müssen.

3 Nun auch Steuern für den eDampf

Es mutet wie eine Scherzfrage an, was die Abkürzung „TabStModG“ bedeuten könnte. Jedenfalls lautet die Antwort: „Tabaksteuermodernisierungsgesetz“. Neben diesem Wortungetüm gibt es noch eine weitere Besonderheit bei der Besteuerung des Tabakkonsums, die sich auf die Gesetzessystematik bezieht: Die Besteuerung von Rauch- und Wasserpfeifentabak ist innerhalb der Europäischen Union – so wie beispielsweise auch die Umsatzsteuer – harmonisiert. Es wird also in den Gremien der EU eine Richtlinie erlassen, deren Regelungen dann in nationales Recht umgesetzt werden müssen (im Gegensatz zu EU-Verordnungen, die direkt in allen Ländern der EU gelten). Jedenfalls gab es zuletzt zur Besteuerung des EU-Tabakkonsums eine neue Richtlinie, deren Regelungen mit dem 7. Verbrauchsteueränderungsgesetz im deutschen Recht umgesetzt wurden. Da das aber dem deutschen Gesetzgeber nicht ausreichte, wurde zusätzlich noch das bereits erwähnte „TabStModG“ danebengesetzt.

Diese parallel angelegte Modernisierung sieht konkret vor, dass erhitzter Tabak (sogenannte Heat-not-Burn-Produkte) sowie Wasserpfeifentabak ab 1. September 2022 rein national, also nicht harmonisiert mit EU-Recht, mit einer Zusatzsteuer belegt werden. Der Genuss des heißen Tabaks soll so besteuert werden wie „normale“ Zigaretten. Die Höhe der Zusatzsteuer für den Wasserpfeifentabak beträgt im Jahr 2022 zunächst 15 Euro je Kilogramm und steigt bis 2026 auf 23 Euro je Kilogramm.

Bei dieser Gelegenheit sind auch die Substitute für Tabakwaren, also die Liquids für e-Zigaretten, in den Fokus des deutschen Fiskus gerückt und stellen ab dem 1. Juli 2022 ebenfalls ein verbrauchsteuerliches Objekt dar. Im Sinne des Gesetzes sind Substitute für Tabakwaren alle anderen Erzeugnisse, die für den Konsum eines durch Geräte erzeugten Aerosols oder Dampfes geeignet sind.

Bei einem Tabakladen, der ausdrücklich diese Art von Flüssigkeiten verkauft, ist die Angelegenheit sicher eindeutig. Die Formulierung der Definition und dabei insbesondere die Ausweitung der verdächtigen Erzeugnisse, die dazu überhaupt geeignet sind, führt wohl dazu, dass nun auch Gewerbetreibende zu Steuersubjekten werden, die sich das vorher nie haben träumen lassen. Die ausdrücklich medizinischen Erzeugnisse werden zwar von der Beobachtung ausgeklammert, aber welcher Gewürzhändler weiß schon so genau, was manche Kunden mit ihren Produkten anstellen?

Doch auch sonst beweist der Gesetzgeber bei der Ausweitung der Besteuerung auf die Substitute viel Mut, denn es bleibt unklar, wie die praktische Umsetzung und insbesondere die Vermeidung von Steuerumgehungen erreicht werden soll. So war beim Schmuggel von Zigaretten über Ländergrenzen hinweg schnell klar, was die Stunde geschlagen hatte, wenn im Kofferraum 20 Stangen vom Zoll aufgefunden wurden. Wenn nun eine Getränkeflasche in der Autotür steckt, kann das harmlos sein, oder es kann sich um ein Zollvergehen im großen Stil handeln. Leider zeigen die Erfahrungen, dass derartige Herausforderungen von den Behörden mit einem Verbot der Beförderung unversiegelter Flaschen gelöst werden..

4 Steigerung in der Anerkennung des Ehrenamts

Der gute alte Übungsleiterfreibetrag erhöht sich bereits ab 2021 von 2.400 Euro auf 3.000 Euro im Jahr, und die Ehrenamtspauschale steigt von 720 auf 840 Euro jährlich. Bis zu dieser Höhe bleibt die pauschale Erstattung für finanzielle Aufwendungen der – sonst – ehrenamtlich Engagierten steuerfrei. Vom Übungsleiterfreibetrag profitieren zum Beispiel Trainerinnen und Trainer, die diese Tätigkeit nebenberuflich in einem Sportverein ausüben. Auch die Entschädigungen für Ausbilderinnen und Ausbilder, etwa bei der Freiwilligen Feuerwehr oder der DLRG, werden hierdurch begünstigt. Von der höheren Ehrenamtspauschale profitieren diejenigen, die nicht unter den Übungsleiterfreibetrag fallen, sich aber gleichwohl ehrenamtlich engagieren. Dies betrifft beispielsweise Schriftführerinnen und Schriftführer von gemeinnützigen Vereinen.

Weiterhin soll die praktische Arbeit in kleineren gemeinnützigen Vereinen und anderen steuerbegünstigten Organisationen dadurch vereinfacht werden, dass sie mehr Zeit erhalten, um die vereinnahmten finanziellen Mittel zu verwenden. Für die Körperschaften mit jährlichen Einnahmen von weniger als 45.000 Euro sollen die strengen Maßstäbe der zeitnahen Mittelverwendung nun nicht mehr gelten, das heißt, sie können sich einfach mehr Zeit lassen, das Geld wieder auszugeben. Auf diesen Betrag in Höhe von 45.000 Euro ist zudem die Freigrenze für wirtschaftliche Geschäftsbetriebe angehoben worden (vorher: 35.000 Euro).

In den Katalog der Abgabenordnung, welche Zwecke eine Körperschaft erfüllen kann, um als gemeinnützig eingestuft zu werden, wurden nun neu die folgenden Punkte aufgenommen: Förderung des Klimaschutzes; Förderung des Freifunks; Förderung der Hilfe für Menschen, die aufgrund ihrer geschlechtlichen Identität oder ihrer geschlechtlichen Orientierung diskriminiert werden; Förderung der Unterhaltung und Pflege von Friedhöfen; Förderung der Ortsverschönerung. Per gesetzlicher Definition gelten die folgenden wirtschaftlichen Betätigungen als steuerbegünstigte Zweckbetriebe (also als wirtschaftliche Geschäftsbetriebe, die notwendig sind, um den Satzungszweck zu erfüllen): Einrichtungen für Flüchtlingshilfe; Einrichtungen zur Fürsorge für Menschen mit psychischen und seelischen Erkrankungen bzw. Behinderungen; Digitalisierung.

Nicht zuletzt soll an dieser Stelle erwähnt werden, dass beim Bundeszentralamt für Steuern ein zentrales Zuwendungsempfängerregister eingerichtet werden soll. Mit dem Start im Jahr 2024 soll für mehr Transparenz in der Gemeinnützigkeit gesorgt werden, indem öffentlich zugänglich gemacht wird, wer sich wo für welche Zwecke einsetzt. Damit können sich sowohl Bürgerinnen und Bürger als auch Unternehmen gezielt, strukturiert und verlässlich informieren, bevor sie spenden. Außerdem soll das zentrale Register dann das technische Kernelement für die Digitalisierung der Spendenquittung werden.

5 Mehrweg To Go

In diesem Beitrag möchten wir wieder von einem interessanten, neuen Gesetz berichten, konkret geht es um das „Gesetz zur Umsetzung von Vorgaben der Einwegkunststoffrichtlinie und der Abfallrahmenrichtlinie im Verpackungsgesetz und in anderen Gesetzen“. Eine Abkürzung ist dafür nicht bekannt, aber etwas verständlicher ausgedrückt wird damit das Verpackungsgesetz (VerpackG) novelliert. Aufgrund der Namensgebungen wird es nicht überraschen, dass mit dieser Novellierung zwar sicherlich auch zwei EU-Richtlinien ins deutsche Recht umgesetzt werden sollen, aber hauptsächlich das Ziel besteht, die Ausgabe von Einwegverpackungen im Zusammenhang mit dem Verkauf von Speisen und Getränken, die zum baldigen Verzehr gedacht sind, wesentlich zu erschweren.

Zunächst aber entfallen ab 2022 fast alle bisher geltenden Ausnahmen von der Pfandpflicht für Einweggetränkeflaschen und -dosen. Für Milch und Milcherzeugnisse gilt die Pfandpflicht allerdings erst ab 2024. Weiterhin werden Gastronomen und Einzelhändler ab dem 1. Januar 2023 verpflichtet, beim Verkauf von Lebensmitteln und Getränken zum Sofortverzehr auch Mehrwegalternativen zu den bisher üblichen Einwegkunststoffverpackungen anzubieten. Ab 2025 ist für die Herstellung von PET-Flaschen ein Mindestanteil an recyceltem Kunststoff vorgeschrieben.

Selbst der Bundesrat äußerte im Gesetzgebungsverfahren seine Zweifel, inwieweit das Gesetz überhaupt vollzugstauglich ist. In der Erwartung baldiger Nachbesserungen und um nicht die Umsetzung der EU-Richtlinien zu blockieren, wurde das Gesetz dann doch vom Bundesrat „durchgewunken“. Jedenfalls können wir als Verbraucher uns darauf freuen, wenn dann die Hamburger in der mitgebrachten Stullenbüchse kredenzt oder die Dürüm-Döner in Teflon-Scheiben gewickelt werden. Man muss nur die notwendige Fantasie für praktische Lösungen haben.

6 Transparenzregister für alle

Mit dem Ziel der Vermeidung von Geldwäsche wurde 2017 mit dem sogenannten Transparenzregister neben den bereits vorhandenen öffentlichen Registern ein weiteres ins Leben gerufen. Bisher fungierte dieses Transparenzregister als Auffangregister. Die Gesellschaften in Deutschland müssen also keine Meldung zum Transparenzregister vorzunehmen, wenn sich die Angaben zum „wirtschaftlich Berechtigten“ anderen öffentlichen Registern (etwa dem Handelsregister oder dem Vereinsregister) entnehmen lassen. Ganz praktisch hat das aber offenbar suboptimal funktioniert. Und damit die Transparenzregister künftig auf europäischer Ebene miteinander verknüpft werden können, wurde das Transparenzregister mit Wirkung zum 1. August 2021 zum Vollregister befördert.

Denjenigen, die die Hoffnung hegten, das Transparenzregister fülle sich von selbst, muss man diese Illusion leider komplett nehmen. Vielmehr ist es so, dass alle juristischen Personen des Privatrechts und alle eingetragenen Personengesellschaften die Verpflichtung haben, sich im Transparenzregister einzutragen. Also alle Gesellschaften mit beschränkter Haftung (z.B. GmbH oder Unternehmergesellschaft), jede Aktiengesellschaft, jede eingetragene Genossenschaft, aber auch jede offene Handelsgesellschaft, jede Kommanditgesellschaft, jede Partnerschaftsgesellschaft und auch jeder eingetragene bzw. konzessionierte (wirtschaftliche) Verein. Von dieser Verpflichtung nicht betroffen sind die weit verbreiteten Gesellschaften des bürgerlichen Rechts (GbR), da diese keine eingetragene Personengesellschaft sind.

Für eingetragene Vereine bestand der grundsätzliche Plan, das Verfahren mit einer automatischen Befüllung zu vereinfachen, allerdings wird dabei unterstellt, dass es in dem Verein keine tatsächlich wirtschaftlich Berechtigten gibt und alle Vorstände eine deutsche Staatsangehörigkeit und ihren Wohnsitz in Deutschland haben. Trifft nur einer dieser Punkte nicht zu, besteht für den jeweiligen Verein dann doch eine eigene Eintragungspflicht. Die Verpflichtung zur Eintragung in das Transparenzregister geht unterdessen sogar so weit, dass davon auch ausländische Gesellschaften betroffen sein können, die an einer Gesellschaft mit Grundbesitz in Deutschland beteiligt sind.

Wenn in diesem Zusammenhang von einem „wirtschaftlich Berechtigen“ die Rede ist, dann ist damit diejenige natürliche Person gemeint, in deren Eigentum oder unter deren Kontrolle die betreffende Gesellschaft letztlich steht, oder es ist die natürliche Personen, auf deren Veranlassung eine Transaktion letztlich durchgeführt oder eine Geschäftsbeziehung begründet wird. Die gesetzliche Fiktion des Geldwäschegesetzes zählt dazu natürliche Personen, die mehr als 25% der Kapitalanteile halten, mehr als 25% der Stimmrechte kontrollieren oder die auf vergleichbare Weise Kontrolle ausüben. Für den Fall, dass es keinen wirtschaftlich Berechtigten gibt oder ein solcher nicht ermittelt werden kann, sind die gesetzlichen Vertreter als sogenannte fiktiv wirtschaftlich Berechtigte in das Transparenzregister einzutragen. Bei Redaktionsschluss dieses Infobriefes bestand noch die Uneinigkeit, ob es ausreichend ist, wenn nur einer von mehreren gesetzlichen Vertretern eingetragen wird.

Wie andere Beiträge in unseren Infobriefen, kann auch dieser nicht mehr sein als ein Weckruf an unsere geschätzte Leserschaft, sich mit der Angelegenheit zu beschäftigen. Für den Fall, dass beim Lesen der Gedanke entstehen sollte: „Hmmm, könnte das Transparenzregister auch mich betreffen?“, haben wir für Sie einen eindringlichen Rat: Bitte wenden Sie sich sehr zeitnah an den Rechtsanwalt Ihres Vertrauens.

7 Selbständiger Lehrer: mit, ohne oder mit wenig Umsatzsteuer?

Die Überschrift zeigt es schon: Manchmal ist die Auswahl groß, und es steht die Frage im Raum, was denn nun eigentlich richtig ist. Um die Anwendung der Möglichkeiten in puncto Umsatzsteuer bei selbständigen Lehrern aufzuzeigen, möchten wir berichten, was Horst Schlaghorn in diesem Zusammenhang erlebt hat:

Schlaghorn war in den Jahren von 2004 bis 2008 in erster Linie als Journalist und Buchautor tätig. Bei diesen Leistungen versteuerte er seine Einnahmen mit dem ermäßigten Steuersatz, also mit 7% Umsatzsteuer. Das hat er sicherlich richtig gemacht, weil er mit den von ihm abgelieferten Texten den Verlagen das Recht gab, diese Texte abzudrucken und aus dem Verkauf der Schriften Geld zu verdienen.

In den genannten Jahren war er zudem als Referent bei Lehrgängen zur „Qualifizierung zum Kräuterpädagogen“ tätig. Diese Lehrgänge werden in Bayern über ein einschlägiges Landesministerium gefördert und sollen dazu dienen, Bäuerinnen die fachliche und methodisch-pädagogische Voraussetzung zu vermitteln, um neue Produkte und Dienstleistungen entwickeln und anbieten zu können.

Schlaghorn hat bei seinen Unterrichtseinheiten kein anderes Wissen widergegeben, als das, was in seinen Büchern stand, und so fakturierte er in seinen Rechnungen an die Ämter in den Bayerischen Landkreisen ebenfalls mit dem ermäßigten Satz von 7% Umsatzsteuer. Im Rahmen einer Außenprüfung des für den Wohnsitz von Schlaghorn zuständigen Finanzamts in der Nähe von Köln wurde die Rechnungslegung für die Referententätigkeit thematisiert. Schlaghorn musste relativ schnell akzeptieren, dass bei einem Lehrgang schnödes Wissen vermittelt wird, und im Gegensatz zur Übertragung von Urheberrechten, lässt sich für die Wissensvermittlung kein Passus im Gesetz finden, der den ermäßigten Steuersatz zulässt.

Im Ergebnis stand Schlaghorn vor der Herausforderung, den Unterschied zwischen Steuersätzen von 7% und 19% aus der eigenen Tasche zu zahlen. Wenn seine Rechnungsempfänger „normale“ Unternehmer mit der Berechtigung zum Vorsteuerabzug wären, könnte man nett miteinander reden, neue Rechnungen schreiben und die Mehrbeträge von den Kunden ausgezahlt bekommen. Da er seine Rechnungen aber an Ämter schrieb, war dieses Ansinnen aussichtslos.

Auf der Suche nach einem Plan B durchstöberte Schlaghorn das Gesetz und fand tatsächlich eine Lösung: Grob zusammengefasst werden nämlich die Leistungen von Schulen von der Umsatzsteuer befreit, wenn die zuständige Landesbehörde bescheinigt, dass diese Leistungen auf eine ordnungsgemäße, staatlich anerkannte Prüfung vorbereiten. Wenn das so ist, dann sind auch die Leistungen der an dieser Schule tätigen selbständigen Lehrer von der Umsatzsteuer befreit.

Also brauchte Schlaghorn solch eine Bescheinigung. Da war es optimal, dass die zuständige Landesbehörde ausgerechnet das bayerische Ministerium war, das auch die Qualifizierung zum Kräuterpädagogen bezuschusst. Allerdings wusste man dort auch nicht so recht, was man in diese Bescheinigung hineinschreiben sollte, und so präsentierte Schlaghorn seinem Finanzamt ein an ihn adressiertes Schreiben vom 13. Februar 2016, das nicht mehr zum Inhalt hatte als die allgemeine Versicherung, dass die durchgeführten Qualifizierungsmaßnahmen die Voraussetzung für die Umsatzsteuerfreiheit erfüllen würden. Bei einem Finanzamt in Bayern hätte die Bescheinigung des Bayerischen Ministeriums sicherlich den notwendigen Eindruck hinterlassen. In Nordrhein-Westfalen blieb diese Wirkung allerdings aus.

Schlaghorn fand weder beim Finanzgericht in Köln noch beim Bundesfinanzhof die gewünschte Unterstützung. In ihrer Begründung stellten die Richter des Bundesfinanzhofs zunächst fest, dass Schlaghorn der selbständige Lehrer und nicht die Bildungseinrichtung ist, die diese Bescheinigung bekommen muss. Das oben beschriebene zweistufige Verfahren sieht eben vor, dass die Schule die Bescheinigung von der Landesbehörde benötigt und der selbständige Lehrer die Bescheinigung von der Bildungseinrichtung. Letztere hatte Schlaghorn nicht, und die vorgelegte Bescheinigung ist auch kein Grundlagenbescheid, an dessen Inhalt sich alle sklavisch zu halten hätten. Die Tatsache, dass die Bescheinigung deutlich später nachgeliefert wurde und inhaltlich an Ungenauigkeit nicht zu übertreffen war, spielte bei der Entscheidungsfindung der hohen Richter gar keine Rolle mehr.

Zusammenfassend lässt sich die Eingangsfrage also mit den folgenden Grundsätzen beantworten: Die Leistungen eines selbständigen Lehrers unterliegen dem vollen Umsatzsteuer-Satz in Höhe von aktuell 19%. Wenn es bestimmte Bildungsinhalte sind und alle Bescheinigungen ordentlich vorliegen, dann sind die Lehr-Leistungen Umsatzsteuer-frei. Den ermäßigten Steuersatz gibt es für selbständige Lehrer praktisch nie.

8 Leasing für den „dicken“ Firmenwagen

In den Jahren 2011 bis 2013 nutzte der als Sachverständiger tätige Rubeus Hartgriff aus München unter anderem einen geleasten Lamborghini als Firmenwagen. Da aber die Lesbarkeit der Fahrtenbücher völlig entschwunden war, konnte Hartgriff beim Finanzamt nicht nachweisen, dass das Fahrzeug zu mehr als 50% betrieblich genutzt wurde. So ging die Behörde davon aus, dass der Vorsteuerabzug aus Leasingraten für einen Lamborghini aufgrund einer überwiegenden Privatmotivation auf einen angemessenen Betrag von 1/3 zu kürzen war, zumal es einen BMW als weiteres unternehmerisch genutztes Fahrzeug gab. Zu berücksichtigen war auch die geringe Fahrleistung des Lamborghini, fand das Finanzamt.

Da es bei derartigen Fällen sicherlich immer auch um das Prinzip geht, landete der Fall zunächst beim Finanzgericht München. Dort fiel Hartgriff grandios durch, aber er hielt an seinen Prinzipien fest, und so wurde die Angelegenheit zum Bundesfinanzhof weitergetragen. Bei diesem hohen Gericht hatte Hartgriff insoweit Erfolg, dass die Richter die Kollegen vom Finanzgericht beauftragten, sich noch einmal mit der Angelegenheit zu beschäftigen. Die Richter des Bundesfinanzhofs begründeten die Rückdelegierung an das Finanzgericht damit, dass der Vorsteuerabzug aus dem Leasingvertrag auch für einen Lamborghini grundsätzlich zu gewähren sei, wenn der Lamborghini für das Unternehmen eingesetzt wird. Der Vorsteuerabzug kann nicht deshalb versagt werden, weil das Fahrtenbuch nicht ordnungsgemäß geführt worden ist, denn das Fahrtenbuch ist keine Voraussetzung für den Vorsteuerabzug, sondern nur für die Einkommensteuer. Wenn der Lamborghini im Wesentlichen privat genutzt wurde, dann ergibt sich eine Kürzung oder gar Versagung des Vorsteuerabzugs. Allein aus dem Fehlen eines ordnungsgemäß geführten Fahrtenbuchs kann aber umsatzsteuerlich nicht von einer privaten Nutzung des Fahrzeugs ausgegangen werden.

Die Richter des Finanzgerichts müssen nun in der zweiten Runde aufklären, ob der Unternehmer den Lamborghini nicht nahezu ausschließlich für eigene unternehmerische Zwecke genutzt hat. Hierbei kann natürlich auch der Anscheinsbeweis herangezogen werden, dass ein Kraftfahrzeug typischerweise auch privat genutzt wird. Der Unternehmer kann dann diesen Anscheinsbeweis wiederum auch wieder erschüttern. Genau diese Beweiswürdigung war bislang unterblieben, da sich das Finanzgericht nur auf das fehlende Fahrtenbuch gestützt hatte.

Im Ergebnis hat Hartgriff zwar noch nicht seinen Vorsteuerabzug, aber er hat Amtspersonen gefunden, die (nun) ernsthaft und sicherlich vorurteilsfrei mit ihm über seinen Lamborghini sprechen.

9 Steuerlexikon I wie … Identifikationsnummer

Um ein Computerprogramm zu entwickeln, das mit vielen Daten umgehen soll, brauchen die Informatiker in jedem Datensatz ein Merkmal, mit dem man wunderbar suchen und sortieren kann, ohne dass die Angst vor Dubletten in der Luft schwebt. Außerdem werden Merkmale benötigt, um verschiedene Datenbanken miteinander mischen zu können.

Wenn beim Zahnarzt ein Name aufgerufen wird, dann ist es eindeutig, wer als nächstes zum Bohrer darf. Wenn es wider Erwarten diesen Namen ein zweites Mal im Wartezimmer gibt, dann wird die immer freundliche stomatologische Schwester im Dialog die richtigen Worte finden, um die festgelegte Behandlungsreihenfolge durchzusetzen. Wenn Tausende oder gar Millionen von Datensätzen vorhanden sind, dann ist das „Wartezimmer“ natürlich viel zu groß, und ein freundlicher Dialog, wer denn nun der Richtige sein soll, lässt sich programmiertechnisch nur sehr, sehr aufwändig umsetzen. Die Programmierer benötigen somit ein Merkmal, das nicht nur eindeutig, sondern sogar eineindeutig ist (das heißt im Fachjargon wirklich so!).

So weit, so gut. Wenn diese Überlegungen mit der Digitalisierung der öffentlichen Verwaltung kombiniert werden, wird verständlich, warum jede Bürgerin und jeder Bürger – völlig unabhängig von Geschlecht, Alter etc. – genau solch ein eineindeutiges Zuordnungsmerkmal benötigt. Die einfachste Lösung dafür wäre natürlich die Verwendung der bereits mit gleichen Denkmechanismen vergebenen Sozialversicherungsnummer. Allerdings hatte diese das Problem, dass sie zu logisch war, dann man konnte erkennen, wann, mit welchem Geschlecht und mit welchem Anfangsbuchstaben des Nachnamens die Person auf die Welt gekommen war. Der Datenschutz schrie laut auf, und so bekam mit dem 1. Juli 2007 jeder in einem deutschen Melderegister geführte Bürger seine eigene, wirre 11-stellige Identifikationsnummer (kurz: IdNr.).

Der konkrete Anlass für den Start der Nummernverteilung war die Umsetzung der europäischen Zinsrichtlinie in das deutsche Recht mit der Zinsinformationsverordnung. Auf diesem Wege begann die Verpflichtung der Banken, die erwirtschafteten Zinsen der Bankkunden auf elektronischem Wege an das Bundeszentralamt für Steuern (kurz BZSt) zu melden. Da das BZSt bereits mit dem Thema beschäftigt war, erfolgte die Vergabe der IdNr. ebenfalls direkt durch diese Behörde. Somit ist nicht verwunderlich, dass die IdNr. eigentlich mit der Bezeichnung „Steuer-ID“ um einiges bekannter ist, obwohl sie natürlich nicht nur auf dem Gebiet der Steuererhebung hilfreich ist.

Um die Gebrauchsfähigkeit der IdNr. noch weiter auszubauen und sie noch besser an die Ideen von einer digitalen Verwaltung anzupassen, wurde mit dem zuletzt verabschiedeten Registermodernisierungsgesetz (RegModG) beschlossen, aus der Steuer-ID eine richtige Bürger-ID zu machen. Bis zum Jahr 2023 sollen dann rund 5.000 Dienstleistungen bei etwa 50 Behörden ausschließlich auf digitalem Wege möglich sein.

In der deutschen Gesetzgebung ist übrigens ein Zwilling der IdNr. bereits fest verankert, nämlich die Wirtschafts-Identifikationsnummer für natürliche Personen, die wirtschaftlich tätig sind, für juristische Personen und für Personenvereinigungen. Aber die praktische Umsetzung lässt noch auf sich warten, weil sie – so hört man – außerordentlich komplex wäre …