Steuern

Gesetz zur Modernisierung des Besteuerungsverfahrens

05.07.2016


Durch Neueinführung eines Risikomanagementsystems (RMS) soll der personelle Ressourceneinsatz der Finanzverwaltung optimiert werden.

1. Risikomanagementsystem

Das RMS soll es ermöglichen, die Amtsträger zur Bearbeitung prüfungsbedürftiger Fälle einsetzen zu können, um gleichzeitig die Anzahl vollständig maschinell bearbeiteter Fälle zu erhöhen. Die Ziele des RMS bestehen primär in der:

  • Verhinderung von Steuerverkürzungen,
  • Aufdeckung von Betrugsfällen,
  • Optimierung personeller Fallbearbeitung,Verbesserung der Bearbeitungsqualität durch Standardisierungen von Arbeitsabläufen,
  • bundeseinheitlichen Abstimmung von Vorgaben.

Die geplante Einführung eines RMS stellt einen der Kernpunkte der geplanten Modernisierung des Besteuerungsverfahrens dar. Einerseits wird es – unter Voraussetzung der technischen Durchführbarkeit – die Arbeit der Finanzverwaltung erleichtern. Gleichermaßen besteht das Risiko, dass die Steuerpflichtigen bei einschlägiger Kenntnis der Parameter ihr Erklärungsverhalten an das RMS anpassen.

2. Länderübergreifender Abruf und Verwendung von Daten zur Verhütung, Ermittlung und Verfolgung von Steuerverkürzungen

Während des Gesetzgebungsverfahrens ist § 88b AO neu in das Gesetz eingefügt worden. Dieser stellt die gesetzliche Grundlage für einen länderübergreifenden Abruf und die Verwendung von Daten zur Verhütung, Ermittlung und Verfolgung von Steuerverkürzungen dar.

Durch die Neueinführung wird eine gesetzliche Grundlage zur Erhebung und Verwendung von Daten zur Verfolgung von o. g. Straf- und Ordnungswidrigkeiten von anderen Landesfinanzbehörden geschaffen. Hierdurch soll eine automationsgestützte Verhinderung und Bekämpfung von Steuerverkürzungen ermöglicht werden.

3. Änderung des § 122 AO („Bekanntgabe von Verwaltungsakten“)

Die Änderung betrifft die elektronische Bekanntgabe von Steuerbescheiden. Hiernach können Steuerbescheide dem Steuerpflichtigen oder dessen Vertreter elektronisch über ELSTER bekanntgegeben werden, wenn die Zustimmung des Steuerpflichtigen dazu vorliegt. Sobald der Steuerbescheid abgerufen werden kann, erfolgt der Versand einer Benachrichtigungsmail. Der so versendete Steuerbescheid gilt drei Tage nach Absendung der elektronischen Benachrichtigung als bekannt gegeben. Dies gilt nicht, wenn die Benachrichtigung nicht oder zu einem späteren Zeitpunkt zugegangen ist; der Nachweis der Bekanntgabe obliegt der Finanzbehörde.

4. Abgabe der Steuererklärungen

Die Frist zur Abgabe von Steuererklärungen wurde ab 2018/2019 auf den 31. Juli des Folgejahres verlängert. Gleichzeitig wurde die Abgabefrist von Steuererklärungen, die durch Angehörige der steuerberatenden Berufe eingereicht werden, bis zum letzten Tag des Monats Februars des Zweitfolgejahres verlängert.

Dadurch entfällt die Stellung und Bearbeitung alljährlich zum Jahresende gestellter Fristverlängerungsanträge. Für die Finanzbehörden besteht jedoch in folgenden, gesetzlich geregelten Fällen weiterhin die Möglichkeit, Steuererklärungen vorzeitig anzufordern:

  • wenn für den vorangegangenen Besteuerungszeitraum Erklärungen nicht oder verspätet abgegeben wurden,
  • für den vorangegangenen Besteuerungszeitraum nachträgliche Vorauszahlungen festgesetzt wurden,
  • Vorauszahlungen für den Besteuerungszeitraum außerhalb einer Veranlagung herabgesetzt wurden,
  • die Veranlagung für den vorangegangenen Veranlagungszeitraum zu einer Abschlusszahlung von mindestens 25 Prozent der festgesetzten Steuer oder mehr als 10.000 Euro geführt hat,
  • die Steuerfestsetzung voraussichtlich zu einer Abschlusszahlung von mehr als 10.000 Euro führen wird oder
  • eine Außenprüfung vorgesehen ist,
  • der betroffene Steuerpflichtige im Besteuerungszeitraum einen Betrieb eröffnet oder eingestellt hat oder
  • für Beteiligte an Gesellschaften oder Gemeinschaften Verluste festzustellen sind.

5. Änderung des § 152 Abs. 1 und 2 AO („Verspätungszuschlag“)

Die Änderung sieht vor, dass, sofern Steuererklärungen nicht fristgerecht abgegeben worden sind, ein Verspätungszuschlag festzusetzen wird. Bisher stand diese Regelung im oftmals großzügigen Ermessen der Finanzverwaltung.

Abgesehen von gesetzlich normierten Ausnahmetatbeständen beträgt der festzusetzende Verspätungszuschlag bei Jahressteuererklärungen 0,25 Prozent der nachzuzahlenden Steuer jedoch mindestens 25 Euro pro angefangenen Monat.

Der Verspätungszuschlag wird zusätzlich zur Verzinsung der Steuerschuld erhoben.

6. Neue Änderungsmöglichkeit bei Rechen- und Schreibfehlern des Steuerpflichtigen bei Erstellung seiner Steuererklärung

Durch den neuen § 173a AO wird eine langjährige Diskussion im Interesse der Steuerpflichtigen zum Abschluss gebracht. Nach dieser Vorschrift wird die Aufhebung oder Änderung von Steuerbescheiden vorgeschrieben, soweit dem Steuerpflichtigen bei Erstellung seiner Steuererklärung Schreib- oder Rechenfehler unterlaufen sind und er deshalb der Finanzbehörde rechtserhebliche Tatsachen nicht mitgeteilt hat.

7. Wandlung von Belegvorlagepflichten in Belegvorhaltepflichte

Bislang vorgesehene gesetzliche Belegvorlagepflichten werden weitestgehend in Belegvorhaltepflichten geändert. Belege sind künftig erst auf Anforderung durch die Finanzverwaltung zu übersenden.

Dies betrifft beispielhaft die Bestätigung von Zuwendungen nach §§ 10b und 34g EStG (sogenannte Spendenquittungen). Der Erhalt einer Zuwendungsbestätigung ist jedoch nach wie vor Voraussetzung der steuerlichen Berücksichtigung der Zuwendung, die Zuwendungsbestätigung muss aber nicht mehr mit der Steuererklärung eingereicht werden. Diese muss nur vorgehalten und erst auf Anforderung der Finanzverwaltung im Einzelfall vorgelegt werden.